Zum 156. Geburtstag von Alois Alzheimer (1864-1915)

“Hier kennt man den Vornamen von Professor Alzheimer”

In Breslau/ Wrocław erinnert ein Kunstprojekt an den großen deutschen Psychiater.

Am 14. Juni 2020 wurde des 156. Geburtstages von Professor Alois Alzheimer (1864-1915) gedacht. Das ist ein guter Anlass, um über seine Breslauer Lebensepisode zu schreiben. Denn nur in Breslau sind an einigen Haustüren oder Wänden Schilder mit der Aufschrift „Hier kennt man den Vornamen von Alzheimer“ zu finden. Und nur hier kann man auf ein ungewöhnliches, tragbares Denkmal stoßen – ein Set von sechzehn Kupferplatten, die in Form einer Visitenkarte gefertigt wurden. Auf der Vorderseite befindet sich eine kurze Notiz über den Arzt, auf der Rückseite eine Inschrift „In memoriam …“ Auf jeder einzelnen Tafel erscheint zwischen den Punkten nur ein Buchstabe, immer ein anderer – insgesamt gibt es vierzehn Stück davon. Zusätzlich gibt es eine Tafel, die nur Punkte enthält und eine, die  vollständig ergänzt wird. Zusammen sind es sechzehn.

Es handelt sich dabei um Werke von Eugeniusz Józef Stankiewicz, genannt „GET“. Der 2011 verstorbene Künstler war das ganze Leben lang mit Breslau verbunden und ist zum künstlerischen Symbol der Stadt geworden. Besonders beliebt sind diejenigen seiner Werke, die zum Nachdenken anregen. An vielen Orten der Stadt sind sie zu sehen, so etwa das bekannte Werk „Do it yourself“ an dem Hänsel-Haus direkt an der Elisabethkirche. Zu sehen sind ein Kreuz, Christus, Hammer und Nägel. Und natürlich die Inschrift mit der Aufforderung „Mach es selbst“ – den Rest kann sich jeder erschließen.

Ähnliches trifft auf das kleine, sehr gut konzipierte Werk zu Ehren Alzheimers. Der Betrachter versucht quasi automatisch, sich an den Vornamen des Professors zu erinnern, wenn er eine solche Tafel vor Augen hat. Und darum ging es dem Künstler. Das kleine Werk sollte nämlich an einen genialen Arzt, Neurologen und Psychiater erinnern, der die letzten drei Jahre seines Lebens in Breslau verbrachte. Professor Dr. Alois Alzheimer kam 1912 nach Breslau, um die Nachfolge von Karl Bonhoeffer (Dietrich Bonhoeffers Vater) an der damaligen Friedrich-Wilhelm-Universität zu übernehmen. Er wurde zum Direktor der Königlichen Psychiatrischen Klinik zu Breslau ernannt, die er bis zu seinem Tod leitete. Der Professor wohnte in einer Villa in der Nähe der Klinik, damals in der Auenstraße 42 (heute: Bujwida 42), gegenüber dem Eingang zum Laurentius-Friedhof. Von seinem Breslauer Aufenthalt erhoffte er sich sehr viel – vor allem seine beruflichen Träume sollten hier in Erfüllung gehen. Leider erkrankte er bald nach dem Umzug. Möglicherweise litt er unter einer Endokarditis (einer Entzündung der Herzinnenhaut), später kam eine Nierenkrankheit hinzu. Er starb am 19. Dezember 1915 im Alter von 51 Jahren. Weil er als Erster die Symptome der Demenzerkrankung beschrieb, die dem Patienten Schritt für Schritt alle Erinnerungen nahm, nannte er sie „Krankheit des Vergessens“. Die Bezeichnung „Alzheimer-Krankheit“ wurde offiziell erst 1967 auf dem Ärztekongress in Lausanne eingeführt.

Außer einer Gedenktafel, die 1995 in polnischer und deutscher Sprache an die Wand der Villa in der ulica Bujwida 42 angebracht wurde, gibt es in Breslau eine Reihe von tragbaren „Denkmälern“, die 2004 von GET vorbereitet wurden. Die tragen dazu bei, dass der Name und auch der Vorname (!) des Professors im Gedächtnis bleiben, zumindest bei denen, die das ungewöhnliche Geschenk von GET erhielten.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka,