YouTube-Premiere: Jude? Pole? Deutscher? Oberschlesier?

Vortrag, Kommentar und Live-Chat mit Aleksandra Namysło und Marcin Wiatr, 17.09.2020 ab 18:15 auf YouTube-Kanal des Deutsches Kulturforums östliches Europa

Nationale Selbstzuschreibungen oberschlesischer Juden und jüdisch-jüdische Antagonismen im polnischen Teil Oberschlesiens in der Zwischenkriegszeit.

Die Änderung der staatlichen Zugehörigkeit Ostoberschlesiens, das nach dem Ersten Weltkrieg, drei Aufständen und den Plebisziten 1922 an Polen fiel, hatte enorme Bedeutung für die dort ansässigen Juden. In diesem Grenzraum lebten Deutsche, Polen und Oberschlesier nebeneinander, wobei sich Letztere entweder eher polnisch oder eher deutsch, oder aber in dieser Hinsicht indifferent fühlten. Doch in den folgenden Jahren entwickelte sich aufgrund der Grenzziehung eine deutsch-polnische Rivalität, die auch die jüdischen Bewohner dazu zwang, sich für eine Seite des Konfliktes auszusprechen und sich einer Kultur und Nation zuzuordnen. Die heimische jüdische Gemeinschaft entschied sich überwiegend für die deutsche Sprache und Kultur und sah dabei die aus den ehemaligen österreichischen oder russländischen Teilungsgebieten Polens (Galizien und Kongresspolen) zugereisten Jüdinnen und Juden eher als kulturelle und mentale Bedrohung an.

Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lebten Autochthone und Hinzugekommene in sich stark voneinander abgrenzenden und miteinander konkurrierenden Parallelwelten; gegenseitiges Unverständnis und die kulturellen Unterschiede verschärften den jüdisch-jüdischen Antagonismus, den die Dominanz der deutschen Juden vorher verdeckt hatte.

Referenten

  • Dr. Aleksandra Namysło, Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nationales Gedenken in Kattowitz/Katowice und des Museums in Gleiwitz/Gliwice (Dom Pamięci Żydów Górnośląskich – oddział Muzeum w Gliwicach) sowie Autorin von Monografien zu den jüdisch-polnischen Beziehungen im Zweiten Weltkrieg
  • Dr. Marcin Wiatr, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Georg-Eckert-Institut – Leibnitz-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig und Autor des Literarischen Reiseführers Oberschlesien (Potsdam 2016)

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Text: Deutsches Kulturforum östliches Europa