Podium Silesia: “Wo die Mauern noch deutsch sprechen. Inschriften-Archäologie in Ober- und Niederschlesien”

Vortrag von Dawid Smolorz im Haus Oberschlesien, Ratingen

Präsentation des Projektes “Vergessenes Erbe / Vergessene Inschriften”.

Nach 1945 fand in den früheren deutschen Ostgebieten eine sehr konsequent, auch wenn nicht überall mit gleichem Engagement durchgeführte „Entdeutschungsaktion“ statt. In Nieder- und Oberschlesien, in Pommern und in Ostpreußen fielen dieser Aktion jegliche deutschsprachigen Informations- und Werbeaufschriften, Ladenschilder und Wegweiser zum Opfer. Nicht nur wurden auf diese Weise sechs Jahre brutaler deutscher Besatzung Polens abreagiert. Man wollte damit auch alle möglichen Beweise dafür entfernen, dass die Wiedergewonnen Gebiete, so die offizielle Bezeichnung der früheren deutschen Ostprovinzen in der Volksrepublik Polen, in Wirklichkeit nicht ganz so urpolnisch waren, wie in der Propaganda verkündet.

Seit dem Fall des Kommunismus sind die sichtbaren Relikte der deutschen Vergangenheit keiner politisch motivierten Zerstörung mehr ausgesetzt. Wo heute Fassaden alter Bürgerhäuser und öffentlicher Gebäude bröckeln, erscheinen nicht selten Schilder längst nicht mehr existierender Geschäfte oder Restaurants. Allgemein gilt die Regel: Je schlechter der Zustand einer Stadt, desto größer die Chance, dass aus dem alten Putz wieder Spuren vergangener Zeiten hervortreten. Doch auch heute wecken die alten deutschen Inschriften in Polen Kontroversen. Gleichzeitig gibt es aber viele positive Beispiele, wo polnische Hausbesitzer, Wohnungsgemeinschaften oder kommunale Verwaltungen im Bewusstsein des historischen Erbes die alten deutschen Aufschriften renovieren oder hervorheben.

Das Projekt “Vergessenes Erbe” wird vom Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz/ Gliwice organisiert und von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (über das Deutsche Kulturforum östliches Europa, das Kulturreferat für Schlesien und das Kulturreferat für Oberschlesien) gefördert.  

Dawid Smolorz, geb. 1971 in Hindenburg/Zabrze (Oberschlesien), Übersetzer, Regionalforscher, freier Journalist, Autor bzw. Co-Autor populärwissenschaftlicher Publikationen zur oberschlesischen Problematik (u.a. „Grenzgänger. Erzählte Zeiten, Menschen, Orte“, „Schauplatz Oberschlesien”, „Oberschlesien aus der Luft“). Seine Beiträge sind u.a. in der Warschauer „Gazeta Wyborcza“, dem Kattowitzer „Dziennik Zachodni“ und dem „Wochenblatt“, der Zeitung der Deutschen in Polen, erschienen. In Kooperation mit dem Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz/Oppeln initiiert er Projekte zur regionalen Thematik. Seit vielen Jahren ist Dawid Smolorz Autor beim Senfkorn-Verlag Görlitz und der in Görlitz erscheinenden Monatsschrift „Schlesien heute“. Er lebt in Gleiwitz.

Podium Silesia ist das neue Veranstaltungsformat des Kulturreferates für Oberschlesien am Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen.