Eine neue Entdeckung in der „goldenen Stadt“ in Niederschlesien

Niederschlesien will nicht aufhören, Entdecker und Historiker zu überraschen

Eine wichtige Entdeckung in Reichenstein/ Złoty Stok kann die Stadtgeschichte umschreiben lassen.

Eine wahre Sensation! Das aus dem Jahr 1608 stammende Epitaph für die Ehefrau des herzoglichen Münzmeisters wurde bei den archäologischen Untersuchungen in der ehemals evangelischen Kirche in Reichenstein entdeckt. Es handelt sich somit um eine weitere Entdeckung, die in dieser Stadt in allerletzter Zeit gemacht wurde. Reichenstein ist vor allem für die im 13. Jahrhundert angelegte Goldgrube bekannt. Heute dient das unterirdische Gangsystem nur noch für touristische Zwecke. Die Geschichte dieser einst sehr wohlhabenden Stadt bringt aber immer wieder neue Überraschungen mit sich. 

In Reichenstein wird gerade eine ehemals evangelische Kirche saniert, deren Ursprünge wohl ins Mittelalter zurückgehen. Im Zuge der Sanierung sollen der gesamte technische Zustand sowie das äußere Erscheinungsbild des alten Gebäudes verbessert werden, um es anschließend zu kulturellen und touristischen Zwecken nutzen zu können. Bei den Erdarbeiten fiel Piotr Romanowski, dem Buchautor und Leiter des Museums für den Bergbau und die Geschichte der Stadt Reichenstein, auf, dass ein Fragment einer Sandsteinplatte aus der Erde herausragt. Die Erde konnte entfernt und die Platte freigelegt werden, sobald Piotr Stojanowicz, der die archäologischen Arbeiten in der Kirche leitet, seine Zustimmung dazu gegeben hatte. 

„Der Fund lag knapp 60 cm unter der Erdoberfläche“, so Elżbieta Szumska, die Inhaberin der ehemaligen Goldgrube in Reichenstein, die an den Untersuchungen auch beteiligt war. Zum Vorschein kam das recht gut erhaltene Epitaph für Martha von Sonn, die Ehefrau von Balthasar Basilius von Sonn aus Reichenstein, der als Münzmeister im Dienst des Herzogtums Münsterberg-Öls tätig war. Martha starb am 3. April 1608 im Alter von nur 21 Jahren. Szumska gibt offen zu, davon zu träumen, dass die 412 Jahre alte Erinnerungsplatte in Reichenstein ausgestellt und Marthas Lebensgeschichte gründlich erforscht wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie ein neues Licht auf die Historie der Region werfen könnte.

Das Epitaph ist bereits die dritte Entdeckung von Piotr Romanowski. Sein früherer Fund ist ein Stampfstein, der gegenwärtig im mittelalterlichen Technikpark in Reichenstein gezeigt wird. Ebenfalls ist die Entdeckung eines uralten Erzverhüttungsplatzes sein Verdienst. Das Alter eines dort gefundenen Holzstücks wird auf 700 Jahre datiert.

Im östlichen Teil der ehemals evangelischen Kirche wurden Mauerreste der Apsis, vermutlich des ältesten Vorgängerbaus, ausgegraben. Andrzej Dobkiewicz vom Schweidnitzer Geschichtsportal meint, dass diese Entdeckung gar sensationell sein könnte, weil der Bau von Apsiden, die für die romanische Architektur charakteristisch waren, um die Mitte des 13.  Jahrhunderts aufgegeben wurde. Nach dem ältesten bekannten urkundlichen Beleg von 1331 soll es bereits zu dieser Zeit eine Kirche in Reichenstein gegeben haben. Die Entdeckung der Apsis, datiert um die Mitte des 13. Jahrhunderts, lässt vermuten, dass die Kirche entweder schon vor der Gründungsphase der Stadt vorhanden war, oder dass Reichenstein viel früher als gedacht gegründet wurde.   

Text: Joanna Lamparska
Übersetzung: Jowita Selewska