Der berühmteste Schmiedekünstler Breslaus feiert sein 50-jähriges Arbeitsjubiläum

Ryszard Mazur hat als Metallgestalter zahlreiche künstlerische Spuren im öffentlichen Raum der Stadt Breslau/ Wrocław hinterlassen

Er gilt auch als Entdecker von Jaroslav Vonka, seinem großen Vorbild aus der Vorkriegszeit.

Selten lässt sich Ryszard Mazur als „Künstler“ nennen. Viel mehr als Metallgestalter oder Metallhandwerker. Obwohl er keine Hochschulausbildung hat, wird er oft als „Professor“ bezeichnet. Man drückt damit die Anerkennung gegenüber seiner Person aus. Ryszard Mazur ist 68 Jahre alt und seit 50 Jahren beschäftigt er sich mit der Schmiedekunst.

Von seinem Vater, der in der Freizeit Holzfiguren schnitzte, erbte er manuelle Fertigkeiten, von der Mutter, der ersten Klempnerin und Autolackiererin in Polen, Grundlagen des guten Handwerkers: Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit und Fleiß. In der Werkstatt seiner Mutter bekam er seine erste Arbeit: er durfte Autokarosserien den letzten Glanz geben.

Ryszard Mazur bei der Arbeit. Er hört, was ihm Metall sagt und improvisiert. Denn nur dann kann er sehen und spüren, was sich machen lässt und was nicht möglich ist

Die Grundlagen der Metallbearbeitung und der Schmiedekunst lernte er in Breslau bei Jan Kalmuk kennen. Sein Diplom bekam er 1975. In demselben Jahr eröffnete er seine Werkstatt. Die Meisterprüfungen legte er 1984 ab und fünf Jahre später bekam er von dem Kultusminister den Meistertitel des Kunsthandwerks. Freiwillig besuchte er noch das Studium zur Erhaltung und Renovierung der historischen Denkmäler an der Technischen Universität. Denn die Werke seiner Vorgänger sind für ihn heilig. Sein Meister und Vorbild ist der böhmische Schmiedekünstler Jaroslav Vonka (1875-1952), der zwischen 1903 und 1943 in Breslau lebte und an der Königlichen Kunst- und Gewerbeschule (seit 1911 Staatliche Akademie für Kunst und Gewerbe) den Lehrstuhl für Schmiedekunst leitete. Lange Zeit wurde er vergessen. Ryszard Mazur entdeckte das Schaffen seines Vorgängers und sorgte dafür, dass Vonka wieder den würdigen Platz in der europäischen Geschichte der Schmiedekunst einnimmt. Im Jahre 2011 lud Mazur 40 Schmiede aus der ganzen Welt nach Niederschlesien ein, um das Schaffen von Vonka zu popularisieren. Die Schmiede fertigten gemeinsam ein großes Werk: „Die Blume für Jaroslav Vonka“.

Die Werke von Ryszard Mazur sind überall in der Stadt zu sehen. Einen besonderen Eindruck machen die ca. 200 Laternen auf dem Breslauer Ring, die zwischen 1995 und 2000 gefertigt wurden. Obwohl Mazur ein fertiges Projekt bekam, schuf er ein individuelles Werk – jede Laterne ist anders, jede ist ein Kunstwerk für sich. Zahlreiche Gitter, Tore, Türen, der aufwendig geschmiedete Brunnen auf dem Salzring – alle Werke sind einmalig. Im Jahre 1993 bekam der anerkannte Schmiedekünstler vom damaligen Stadtpräsidenten Bogdan Zdrojewski den Ehrentitel des Torwächters der Stadt Breslau. Neben vielen Statuetten, die anlässlich der städtischen Wettbewerbe verliehen werden, schuf Mazur den Schlüssel für die Tore der Stadt. Diesen bekommen ganz wichtige Gäste der Stadt.

In seinem Leben realisierte Ryszard Mazur über 500 Werke. Er arbeitet aber weiter. Bei der Arbeit benutzt er keine Handschuhe. Er mag den direkten Kontakt mit dem Metall, mag seine Wärme spüren. „Wenn wir zusammenarbeiten sollen, müssen wir uns gut kennenlernen. Das Metall sagt mir, wie man es behandeln soll“ – sagt Mazur und ergänzt, dass nicht er die Schmiedekunst, sondern die Schmiedekunst ihn auswählte. Die Reinheit der Form und naturgetreues Detail sind für sein Schaffen charakteristisch. Und dafür wird er hoch geschätzt – nicht nur in Polen. Auf Einladung von Prof. Alfred Habermann nahm er als einziger Pole am Projekt für die Entstehung der Figur des Vereinigten Europas in Ybbsitz (Österreich) im Jahre 2002 teil. Und 2017 anlässlich des Martin-Luther-Jahres wurde er nach Gotha eingeladen, um dort mit vier anderen Künstlern Werke an dem Weg, den Martin Luther zu gehen pflegte, zu schaffen.

Auf die Frage, ob er etwas in seinem Leben ändern würde, sagte er: „Nein. Ich bin ganz glücklich!“ Ja, jeder ist seines Glückes Schmied…

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka