Schrotholzkirchen in Oberschlesien – ein Wahrzeichen der Region

Vor 350 Jahren erhielt die St. Anna-Kirche in Rosenberg/ Olesno ihre endgültige Form

Im polnischen und tschechischen Teil der Region sind über 150 Schrotholzkirchen erhalten geblieben.

Die älteste dieser Schrotholzkirchen stammt aus dem Jahr 1457 und befindet sich in Schieroth/Sieroty nördlich von Gleiwitz/Gliwice. Die jüngste wurde erst vor vier Jahren in dem Beskidenort Istebna/ Istebna im Teschener Schlesien erbaut. Als originellstes gilt aber das Gotteshaus in Rosenberg, das in zwei Etappen entstanden ist. Zunächst wurde um 1518 ein hölzernes Gebäude errichtet, das sich von den anderen in der Region kaum unterschieden hat. Erst durch die Erweiterung, die zwischen 1668 und 1670 stattfand, erhielt die Kirche ihre endgültige, äußerst originelle Form. Der stern- bzw. rosenförmige Anbau, der heute den zentralen Teil der Anlage bildet, ist durch einen Verbindungsgang mit dem älteren Gebäude verbunden. Wie einigen Quellen zu entnehmen ist, ist diese architektonische Gestalt kein Zufall – mit ihr sollte nämlich an den deutschen Namen der Stadt angeknüpft werden. Hinter dem Hauptaltar ist auch heute der Stamm einer Kiefer zu sehen, mit der die Entstehungsgeschichte der Kirche verbunden ist. Laut Überlieferung soll nämlich unter diesem Baum eine junge Frau Schutz vor Räubern gefunden haben, was sie als ein Wunder interpretierte. An dieser Stelle entstanden dann zuerst eine Kapelle und später das Gotteshaus.   

Schrotholzkirche in Groß Döbern/Dobrzeń Wielki, Quelle: Sławomir Milejski, Wikimedia Commons

In einigen der oberschlesischen Holzkirchen sind wertvolle Wandmalereien erhalten geblieben. Beeindruckend ist beispielsweise der fast komplett mit Malereien verzierte Innenraum der Erzengel Michael-Kirche in Deutsch-Zernitz/ Żernica bei Gleiwitz. Die St. Hedwigskirche in Bierdzan/ Bierdzany (Landkreis Oppeln/ Opole) ist wiederum für das in den 1970er Jahren während der Restaurierungsarbeiten wiederentdeckte Bildnis des Todes bekannt. Erst danach wurde klar, woher die im Oppelner Teil der Region seit Jahrhunderten gebräuchliche Wendung „Blady jak bierdzko śmierć“ (Blass wie der Tod von Bierdzan) kommt.

Der Tod von Bierdzan, Quelle: Krysiawidera, Wikimedia Commons

Anders als in einigen anderen mitteleuropäischen Regionen sind Holzkirchen in Oberschlesien sowohl in den Gebirgsgegenden als auch im flachen Land anzutreffen. Besonders reich an Objekten dieser Art sind der Kreis Kreuzburg/ Kluczbork (21), der Kreis Rosenberg (14) und der Landkreis Gleiwitz (12). Die große Mehrheit der oberschlesischen Schrotholzkirchen wird heute von den Katholiken benutzt. Im Kreis Kreuzburg, der bis 1945 mehrheitlich von Lutheranern bewohnt war, gibt es allerdings einige Gotteshäuser, die immer noch den Protestanten gehören.

Text: Dawid Smolorz

Wallfahrtskirche St. Anna in Rosenberg, Quelle: Herder-Institut, Marburg. Bildarchiv, Inv.-Nr. 261485, Foto: Thomas Voßbeck