Kazimierz Kutz (1929-2018) – Regisseur, Autor, Politiker

Der bekannteste Oberschlesier Polens wäre 92 Jahre alt geworden

Seine Filme beeinflussten nachhaltig das Bild der Region und die Rezeption der oberschlesischen Geschichte in Polen.

Es ist nicht stark übertrieben, wenn man sagt, dass mehrere Generationen von Polen Oberschlesien mit Kutz´ Augen sehen bzw. gesehen haben. Rauchende Schornsteine, mit Ruß verschmutzte Arbeitersiedlungen und polnisch-patriotisch gesinnte Bevölkerung – so die Bilder, die man aus seiner filmischen Trilogie kennt. Die in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Streifen „Salz der schwarzen Erde“ (Sól ziemi czarnej), „Die Perle in der Krone” (Perła w koronie) und „Wie Perlen im Rosenkranz“ (Paciorki jednego różańca) passten ausgezeichnet in die in der Volksrepublik lancierte These, dass Oberschlesien eine urpolnische Region sei, die sich über mehrere Jahrhunderte hinweg lediglich unter preußischem/deutschem Joch befunden habe. Die Deutschen wurden in den Filmen meistens als fremdes Element und negative Protagonisten dargestellt. Dieses einseitige Bild der regionalen Geschichte bleibt bis heute bei vielen Polen fest verankert.

Kazimierz Kutz als Senator, 2005, Bildquelle: Kanzlei des Senats der Republik Polen, Wikimedia Commons

Doch bereits während der kurzen, durch die Entstehung von „Solidarność“ bedingten Liberalisierung von 1980–1981 sprach Kutz als einer der ersten öffentlich die gnadenlose Ausbeutung Oberschlesiens durch den polnischen Staat an. In seinen Feuilletons, die in der Kattowitzer Wochenzeitung „Panorama“ erschienen, wagte er die für die damalige Zeit mutige Behauptung, dass Warschau die Region wie seine innere Kolonie behandle. Unter anderem wegen solcher Äußerungen wurde Kutz nach der Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 für kurze Zeit inhaftiert.

Nach der Wende von 1989 engagierte sich der Absolvent der anerkannten Filmhochschule in Lodz/ Łódź und einstige Assistent des späteren Oscar-Preisträgers Andrzej Wajda immer stärker im politischen Leben. Unter anderem repräsentierte er im Senat der Republik Polen die liberalen Gruppierungen Freiheitsunion und Bürgerplattform. Gleichzeitig setzte er sich in seinen Filmen mit der kommunistischen Periode kritisch auseinander. In dem Streifen „Tod ist wie eine Scheibe Brot“ (Śmierć jak kromka chleba) thematisierte er das Massaker an den Bergleuten des Kattowitzer Bergwerks „Wujek“ im Dezember 1981. Seit den 1990er Jahren setzte sich Kutz für die Autonomie seiner Heimatregion und für die Anerkennung des Slawisch-Oberschlesischen als einer Regionalsprache ein. Seine Volkszugehörigkeit bezeichnete er konsequent als oberschlesisch. Wie der Regisseur betonte, sei die Herausbildung einer starken regionalen Identität bei ihm unter anderem auf seine frühen Erfahrungen zurückzuführen gewesen.

Kazimierz Kutz (links) mit dem Regisseur Andrzej Wajda, 1957, Bildquelle: Bild aus dem Buch „Andrzej Wajda“ von Barbara Mruklik, Wikimedia Commons.

Kutz kam am 16. Februar 1929 als Sohn einer polnisch gesinnten Familie in Schoppinitz/ Szopienice (heute Stadtteil von Kattowitz/ Katowice) zur Welt, das erst sieben Jahre zuvor polnisch geworden war. Von dem an dem anderen Brinitza-Ufer gelegenen Sosnowitz/ Sosnowiec trennte den Ort zwar keine Staatsgrenze mehr, doch – wie sich Kutz später erinnerte – empfand er die Reisen in die nur wenige Kilometer entfernten Städte des früheren Kongresspolen aufgrund der noch bestehenden starken architektonischen und mentalen Unterschiede stets als Reisen in eine andere Welt. „Die Brinitza betrachteten wir damals als Grenze zu einem fremden Gebiet, fast zu einem fremden Land“, sagte der Regisseur in den 2000er Jahren in einem Gespräch über die Grenzen Oberschlesiens. 

Trotz seiner frühen Filme, die ein entstelltes Bild der Region präsentieren, erwarb sich Kazimierz Kutz durch seine späteren Aktivitäten große Verdienste um die Förderung des multikulturellen, auch des deutschen Erbes Oberschlesiens. Der Regisseur, Autor und Politiker starb am 18. Dezember 2018 in Warschau. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Kattowitzer Friedhof an der ulica Sienkiewicza.

Text: Dawid Smolorz