„Die Beweinung Christi“ von Lucas Cranach dem Älteren kehrt möglicherweise nach Schlesien zurück

Das in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren gegangene Gemälde wurde in Stockholm entdeckt

Piotr Oszczanowski vom Nationalmuseum in Wrocław (Breslau) erkannte das Meisterwerk im schwedischen Nationalmuseum.

Das berühmte Gemälde entstand um 1538 als Auftragsarbeit für den sächsischen Kaufmann Konrad von Günterode und seine Ehefrau Anna und sollte ein Erinnerungsstück für ihre Nachkommen  sein. Obwohl die Familie lutherischer Konfession war, gelangte das Cranach-Werk auf bis heute ungeklärte Weise in die Fürstenkapelle in der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Leubus (heute Lubiąż). Nach der Säkularisierung der Zisterzienserabtei wurde das Gemälde in dem 1880 in Breslau eröffneten Schlesischen Museum der bildenden Künste ausgestellt. Günther Grundmann, der letzte deutsche Provinzialkonservator für Niederschlesien entschied 1942 über die Evakuierung der Museumsbestände und ließ das Cranach-Bild wie auch andere Kunstgegenstände in eine Einlagerungsstätte in Kamenz (Kamieniec Ząbkowicki) bringen. Das Depot, in dem auch Bilder Michael Willmanns, Ausstattung der Breslauer Kirchen und Archivalien aufbewahrt wurden, wurde mehrmals geplündert – sowohl von Deutschen als auch von Soldaten der Roten Armee, die im Mai 1945 in Kamenz einmarschierten. Im Februar nächsten Jahres stahl jemand nachts über hundert Bilder aus dem bisher noch unberührten Depot in der Kirche. Von da an galt „Die Beweinung Christi“ als Kriegsverlust.

„Die Beweinung Christi“ von Lucas Cranach dem Älteren

Es stellte sich neulich heraus, dass das vermisste Cranach-Werk seit fünfzig Jahren zum Bestand des Nationalmuseums in Stockholm gehört. Dr. Piotr Oszczanowski, Direktor des Muzeum Narodowe we Wrocławiu (Nationalmuseum in Breslau), erkannte das Meisterwerk. „Die Beweinung Christi“ wurde für die Museumssammlung 1970 bei einer Kunstauktion in Mariefred bei Stockholm für 4000 Schwedische Kronen (ca. 400 Euro) erworben. Damals vermutete niemand, dass es sich um ein gestohlenes Gemälde handeln könnte, zumal es in der einschlägigen Literatur zu Lucas Cranach d. Ä. nicht bekannt war. Das Bild verkauften die Erben Sigfrid Häggbergs, der sieben Jahre zuvor in Warschau gestorben war.

Die Kirche in Kamenz beherbergte am Ende des Krieges die Magazine mit den Kunstwerken aus Breslau. Fot. J. Lamparska.

Karl Reinhold Sigfrid Häggberg ging 1922 nach Warschau, wo er als Beauftragter des Konzerns LM Ericsson wirkte. Er war zudem als technischer Leiter bei Polska Akcyjna Spółka Telefoniczna (PAST) tätig. Wegen seiner Aktivitäten in der polnischen Widerstandsbewegung wurde er 1942 verhaftet und zu Tode verurteilt. Der Todesstrafe konnte er jedoch durch das Eingreifen des schwedischen Königs entkommen. Wie kam er aber an einen Cranach? Seine Familienangehörigen behaupteten, jemand habe ihm das Bild zur Aufbewahrung übergeben, dann sei er aber nie zurückgekommen, um es abzuholen.

Die von einem Stadtbewohner von Kamenz 1946 geretteten Bilderrahmen der gestohlenen Kunstwerke bewahren die Mitglieder des Vereins Towarzystwo Miłośników Ziemi Kamienieckiej (Freunde des Kamenzer Landes) bis heute auf. Fot. J. Lamparska

In seiner Stellungnahme bestätigt das Nationalmuseum in Stockholm, die Rückgabe des vor Jahren verschollenen Gemäldes von Lucas Cranach dem Älteren an das Nationalmuseum in Wrocław empfohlen zu haben. „Das Bild, das 1970 guten Wissens für die Bestände des Museums erworben wurde, wurde von den Erben Sigfrid Häggbergs verkauft. Es war damals nur so viel bekannt, dass es polnische Vorbesitzer gab. Jetzt wissen wir, dass das Gemälde zum Sammlungsbestand des Museums gehörte, von wo es gestohlen wurde“, heißt es im Interneteintrag.

Polnisches Ministerium für Kultur und nationales Erbe versicherte, dank guter Zusammenarbeit mit dem Museum alle nötigen Archivdokumente zum Cranach-Werk unverzüglich bekommen zu haben. Demzufolge hat „Die Beweinung Christi“ eine gute Chance, bald die Rückreise nach Breslau anzutreten.

Text: Joanna Lamparska
Übersetzung: Jowita Selewska