Ausstellung mit Fotografien von Agata Pankiewicz und Marcin Przybyłko ab 26. Oktober im Haus Schlesien
Sie lädt dazu ein, die Wechselwirkung von Geschichte, Architektur und Erinnerung intensiv zu reflektieren.
Wer durch niederschlesische Städte und Dörfer geht, begegnet einem Anblick, der auf eine für die Region ganz spezifische Weise die Brüche in der Geschichte dieser urbanen Räume widerspiegelt. In den Straßen reihen sich Häuser aneinander, die noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen: gediegene Fassaden einstiger deutscher Bürgerhäuser, manche renoviert, andere in vielerlei Zuständen des Verfalls. Manche tragen noch Spuren einer letzten Erneuerung, die oft Jahrzehnte zurückliegt. Dazwischen erheben sich die monotonen Plattenbauten der Nachkriegszeit, errichtet in großer Eile, um Wohnraum für die neuen Bewohner zu schaffen. Diese funktionalen Betonbauten bilden bis heute einen scharfen Kontrast zur älteren Architektur. Es lassen sich jedoch auch vielerorts Versuche erkennen, diesem mitunter düsteren Stadtbild entgegenzuwirken. Fassaden erhalten farbenfrohe Anstriche, Hauswände werden mit großflächigen Kunstwerken versehen.

Mit diesem Spannungsfeld haben sich die Künstler Agata Pankiewicz und Marcin Przybyłko beschäftigt. Auf ihren Reisen durch Niederschlesien sammelten sie fotografische Eindrücke, die weder den Blick von Touristen noch den nostalgischen Charme von Postkarten bedienen. Ihre Arbeiten richten sich auf Orte jenseits der bekannten Wahrzeichen. Sie zeigen alltägliche Räume, die tatsächlich bewohnt werden – doch in den Bildern fehlt die Wärme, fehlt der Mensch selbst. Gerade diese Leerstelle macht den Blick umso intensiver: Die Abwesenheit der Menschen rückt ihre Spuren ins Zentrum. In der Summe vermitteln die Werke das Gefühl einer Landschaft, die zwischen Vergangenheit und Gegenwart schwebt. Zahlreiche Gebäude wirken provisorisch, wie schnell errichtete Lösungen für einen ungewissen Aufenthalt. Dieser Eindruck verweist auf eine historische Realität: Nach 1945 lebten viele Zugezogene im Bewusstsein, dass ihre Ansiedlung nur eine Episode sein könnte. Ob Schlesien bei Polen bleiben würde, war lange Zeit nicht abschließend geklärt, und die Menschen fühlten sich wie auf der Durchreise.

Die Fotografien werden in der Ausstellung “Unheimisch / Nieswojość – Schlesien heute im Bild” durch Zitate von Schriftstellern, Wissenschaftlern und Kunstschaffenden ergänzt. Diese Texte öffnen weitere Ebenen, lassen die Bilder in Dialog treten mit Stimmen, die über Heimat, Fremdheit und Erinnerung nachdenken. Auf diese Weise schaffen sie Struktur inmitten von Chaos und Vergänglichkeit, geben Sinn und ordnen zugleich das Verstörende, das „Unheimische“, das den Fotografien innewohnt.

Die vom Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz geförderte Ausstellung, die bereits in Görlitz und Dresden zu sehen war, ist ab 26. Oktober 2025 bis zum 1. März 2026 im Haus Schlesien in Königswinter zu sehen. Sie lädt dazu ein, die Wechselwirkung von Geschichte, Architektur und Erinnerung intensiver zu reflektieren. So soll nicht nur das Bild einer Region gezeigt, sondern auch ein Diskurs eröffnet werden: über den Umgang mit dem historischen Erbe, über die Suche nach Identität und über eine Vergangenheit, die nie ganz vergeht.

Text: Pressemitteilung Haus Schlesien, Florian Paprotny
Öffnungszeiten Museum in Haus Schlesien
Mi bis Fr 10 – 18 Uhr | Sa, So, Feiertage 11 – 18 Uhr | und nach Vereinbarung
Letzter Einlass 17 Uhr | Eintritt frei
Kontakt und INFORMATION
HAUS SCHLESIEN – Dokumentations- und Informationszentrum
Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter
Telefon 02244 – 886 0 | kultur@hausschlesien.de | www.hausschlesien.de