Abschied von Eberhard Mock

Der bekannte Krimiautor Marek Krajewski aus Wrocław verabschiedet sich von seinem Helden

Der Polizeikommissar Eberhard Mock ist die Hauptfigur einer beliebten Krimiserie, deren Handlung in Breslau spielt.

Mit seinem letzten Roman “Błaganie o śmierć” (ins Deutsche übersetzt: “Um den Tod flehend”) verabschiedete sich Marek Krajewski nach 25 Jahren von seinem Breslauer Helden (oder genauer gesagt von seinem Antihelden), dem Polizeikommissar Eberhard Mock – dem Genie der Breslauer Kriminalistik, dem “unfehlbaren Jagdhund”, der zugleich auch Kenner der antiken Literatur, Feinschmecker und Schachliebhaber war.

Der neueste Roman, in dem Ebi zum letzten Mal eine zentrale Rolle spielt, ist soeben erschienen und trägt den Titel “Błaganie o śmierć” (“Um den Tod flehend”)..

Marek Krajewski, Autor von dreizehn Romanen, deren Hauptfigur der schwarze Charakter Eberhard Mock war, teilte vor kurzen seinen Lesern mit, dass er schon eine Art “Autorenmüdigkeit” bei dieser Figur verspürt. Deshalb wird der Schriftsteller in Zukunft die Geschichte des Lemberger Helden Edward Popielski ausbauen und eine neue Überraschung für die Leser vorbereiten. Ins Spiel kommt eine neue Figur, aber darüber wollte der Autor noch nicht sprechen.

“Er überquerte den Hof, ohne noch einmal gestört zu werden, und stand gegenüber dem Gebäude des Stadttheaters. Raschen Schrittes lief er über die Schweidnitzer Straße, passierte das Polizeipräsidium und gelangte unter die Eisenbahnbrücke. Dort standen die ersten Barrikaden. Als er sie erklomm, stolperte er und stützte sich, um das Gleichgewicht wieder zu erlangen, auf etwas Glattem und Feuchtem ab. Es war schwarzer Granit, auf dem noch die Reste einer Aufschrift zu sehen waren: „Geliebter Ehemann und Vater“. Auf meinem Grab, dachte Mock, wird kein solches Wort stehen. Weder bin ich Ehemann noch Vater. Auf meinem Grabstein wird stehen: »Jagdhund Mock« “. (Marek Krajewski, Festung Breslau, Seite 184).

Marek Krajewski wurde am 4. September 1966 in Wrocław geboren. Viele Jahre arbeitete er an der Universität Wrocław als Hochschullehrer für Latein, seit 2007 ist er als freier Schriftsteller tätig. Er debütierte mit dem Roman “Tod in Breslau” (1999). Sein Abenteuer mit dem Schreiben begann im Jahre 1997, als Krajewski vor dem Hochwasser fliehen wollte. Er entschied sich schnell die Familie mitzunehmen, die Stadt zu verlassen und in den Urlaub zu fahren. Leider hat sich herausgestellt, dass er durch die Eile die Materialien für seine Doktorarbeit vergaß. Aus Langeweile begann er im Urlaub seinen ersten Krimi zu schreiben. Und so wurde zwei Jahre später der Krimi-Zyklus mit dem Kriminalrat Eberhard Mock eingeleitet. Der Roman wurde enthusiastisch aufgenommen, besonders bei den Breslauern. Marek Krajewski hat vor allem den deutschen Namen der Stadt entzaubert und das Interesse für die Vorkriegsgeschichte der Stadt geweckt.

Es folgten weitere Krimis. Im Jahr 2003 erschien der Roman „Kalenderblattmörder“, der den Preis des Großen Kalibers erhalten hat – den Preis, der vom Buchinstitut und der Gesellschaft der Liebhaber der Krimi- und Sensationsbuches vergeben wird. Der Roman “Gespenster in Breslau” (2005) brachte dem Autor den von der Wochenzeitung „Polityka“ vergebenen Literaturpreis Paszport Polityki (“Pass der Politik”, eine in Polen bekannte Auszeichnung für Kulturschaffende) und den Preis der Buchhändler “Witryna” für das beste Buch des Jahres 2005 ein. Zu der ersten Roman-Reihe mit Eberhard Mock gehört auch “Festung Breslau” (2006), “Pest in Breslau”(2007) und “Finsternis in Breslau” (2009), wo neben Eberhard Mock ein neuer Held, Kommissar Edward Popielski, erschien, der zum Helden der Lemberger Reihe wurde.

Das Marek Krajewski gewidmetes Mural wurde in Breslau 2019 enthüllt. Foto: Agnieszka Bormann

Die Handlung der Romane spielt in der topographisch und historisch genau geschilderten Wirklichkeit von Breslau, der Dreistadt Danzig, Gdingen und Zoppot, Lemberg und Darłowo (Rügenwalde). Die Krimis von Marek Krajewski erfreuen sich in Polen nach wie vor großer Popularität.

Die Autorin des Textes hat einen Zwerg mit dem Gesicht des Schriftstellers aufgestellt. Den kleinen Ebi kann man an der Jahrhunderthalle treffen.

Für die hervorragende Darstellung der Atmosphäre von Breslau der Vorkriegszeit und für die Werbung für die Stadt und die Region in seinem Werk wurde Krajewski mit dem Preis des Stadtpräsidenten von Wrocław ausgezeichnet und erhielt 2008 den Titel: Botschafter von Wrocław. Im Jahre 2015 wurde er vom polnischen Minister für Kultur- und Nationalerbe mit der “Gloria-Aris” – der silbernen Medaille für kulturelle Verdienste geehrt. “Gloria Artis” ist die höchste polnische Auszeichnung im Bereich der kulturellen, künstlerischen Tätigkeit oder der Tätigkeit zu Gunsten des Schutzes von Kultur- und Nationalerbe. 2016 kam der Kult-Antiheld Eberhard Mock nach Breslau zurück, die Bücher wurden jedoch nicht mehr ins Deutsche übersetzt (man kann nur die ersten Krimis lesen, die vom Deutschen Taschenbuchverlag herausgegeben wurden). Der Autor schrieb bis 2021 zwei Bücher im Jahr: eins über Mock und das andere über Popielski.

Das Musiktheater Capitol hat eine Burleske unter dem Titel “Mock” realisiert (Foto. Łukasz Giza).

Anlässlich des 20-jährigen Schriftstellerjubiläums wurde der Breslauer Autor von seiner Stadt gewürdigt. Es entstand ein Mural mit seinem Porträt, das Musiktheater Capitol bereitete ein Musical unter dem Titel “Mock” vor. Sogar ein Zwerg mit dem Gesicht des Schriftstellers wurde enthüllt. Es wurde auch eine städtische Route bearbeitet, wo man sich auf den Spuren des bekannten Kommissars begeben kann. Vor kurzem erschien im polnischen öffentlichen Fernsehen auch eine Serie “Erynie” anhand der Lemberger Reihe der Krimis von Krajewski. In der Folge 9, die im Jahre 1946 in Wrocław spielt, begegnen sich nach vielen Jahren die Helden der zwei Reihen, um endgültig einen Abschied von sich und von seinen Städten zu nehmen – Eberhard Mock (Christian Berkel) verabschiedet sich vom deutschen Breslau und Edward Popielski (Marcin Dorociński) vom polnischen Lwów (Lemberg). Der zweite Weltkrieg hat alles verändert – die beiden Helden haben ihre Heimat für immer verloren.

Wieviel Mock steckt in dem Autor? Marek Krajewski behauptet: nicht viel. Er ist seit einigen Jahren Abstinenzler, hat sich auch das Rauchen abgewöhnt und sagt, wenn man zwei oder drei Romane im Jahr schreibe, müsse man einen “Geist wie ein Rasiermesser” haben…

Text & Bilder (wenn nicht anders angegeben): Małgorzata Urlich-Kornacka