Oberschlesische Bahnhöfe – Eleganz und Funktionalität

Bis in die 1990er Jahre gehörte Oberschlesien zu den Regionen mit sehr gut entwickeltem Eisenbahnnetz

Auch heute verlaufen durch die Region mehrere wichtige Eisenbahntrassen.

Der wohl originellste Bahnhof Oberschlesiens befindet sich in Leobschütz/Głubczyce. Seine Form – so die Vorstellung des Architekten – sollte an eine Dampflokomotive erinnern. Der Turm ist daher als Schornstein einer Lok und das Erdgeschoss sowie das erste Geschoss als Kessel und der Deckbau als Lokführerkabine zu interpretieren. Im Herbst 1989 diente der Bahnhof als Kulisse für die Dreharbeiten zum US-amerikanischen Spielfilm „Triumph des Geistes“. Für den Streifen, in dem William Dafoe die Hauptrolle spielte, verwandelte sich der Bau für zwei Tage in die Bahnstation Saloniki. Der letzte Zug kam 2000 nach Leobschütz. Seitdem verfällt das elegante, 150 Jahre alte Gebäude nach und nach.

Stillgelegter Bahnhof in Leobschütz. Quelle: wikimedia commons, Olos88.

Kattowitz/Katowice – die größte Stadt Oberschlesiens gilt zugleich als wichtigster Eisenbahnknoten der Region und hat auch den größten Bahnhof. Nach dem umstrittenen Umbau der Anlage aus den frühen 1970er Jahren wurde 2012 ein Objekt in Betrieb genommen, das Verkehrs- und Handelsfunktionen verbindet und mit einem großen Einkaufszentrum praktisch ein Ensemble bildet. Als zweite Stadt Oberschlesiens erhielt Kattowitz 2012 eine Bahnsteighalle – zuvor hatte jeder Bahnsteig eine separate Überdachung.

Bahnhof in Kattowitz. Quelle: wikimedia commons, MichalPL.

Die älteste Bahnsteighalle der Region befindet sich aber in Beuthen/Bytom. Nach der Teilung Oberschlesiens 1922 lag die Stadt direkt an der neuen Grenze zu Polen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entstand dort deswegen ein modernes Bahnhofsgebäude mit einer spektakulären Bahnsteighalle und einer Infrastruktur, die Passkontrollen und Zollabfertigungen ermöglichte. Die Anlage hatte nicht nur eine praktische Funktion. Sie sollte gleichzeitig eine Art Schaufenster Deutsch-Oberschlesiens sein und Reisende aus dem Ausland beeindrucken. Die Innenräume des Bahnhofs wurden vor Kurzem renoviert, die Bahnsteighalle wartet dagegen immer noch auf bessere Zeiten.

Im früheren österreichischen Teil der Region gehört der Bielitzer Bahnhof (heute: Hauptbahnhof Bielitz-Biala/Bielsko-Biała) zu den interessantesten Objekten seiner Art. 1890 anstelle eines Vorgängerbaus errichtet unterscheidet er sich architektonisch schon auf den ersten Blick von den Bahnhöfen im ehemaligen Preußisch-Oberschlesien. Stilistisch ist der niedrig gehaltene Bau mit einigen Bahnhöfen der 1888 in Betrieb genommenen Schlesischen und Galizischen Städtebahnlinie verwandt. 2001 wurde die Anlage umfassend renoviert. Seitdem kann man an ihrer Fassade wieder den deutschsprachigen Schriftzug lesen: „K. K. Privilegirte Kais. Ferd.-Nordbahn“.

Durch seine neugotische Ästhetik besticht der Bahnhof in Oppeln/Opole. Die Ende der 1890er Jahre eröffnete Anlage gehörte zu den Prachtbauten, mit denen die Funktion Oppelns als Hauptstadt Oberschlesiens hervorgehoben werden sollte. Untypisch für die Eisenbahninfrastruktur in der Region ist, dass die Bahnsteige im Bogen liegen. Wie viele Bahnstationen in Polen wurde auch der Oppelner Bahnhof im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gründlich renoviert.

Text: Dawid Smolorz