Am 16. Mai 1937 schlug die deutsche Fußballnationalmannschaft Dänemark mit 8:0 – in Breslau
An diesem Tag wurde eine der legendären Mannschaften des deutschen Fußballs geboren.
Am 16. Mai 1937 fand in Breslau (heute Wrocław) das Fußballspiel zwischen Deutschland und Dänemark statt. Auf der Trainerbank saß damals Sepp Herberger, ebenfalls eine Legende in der Geschichte des deutschen Fußballs, verbunden mit dem “Wunder von Bern”.
Das Treffen zwischen Deutschland und den Dänemark in Breslau war ein Freundschaftsspiel, so dass es heute vielleicht überrascht, warum es so wichtig war. In den 1930er Jahren hatten solche Spiele jedoch noch einen sehr hohen Stellenwert. Denn damals gab es noch keine Europameisterschaften, keine langwierigen WM-Qualifikationsturniere und keine großen internationalen Vereinswettbewerbe.
Kombinieren mit gutem Tempo
Die Dänen hatten den Ruf einer soliden, schwer zu schlagenden Mannschaft (zum damaligen Zeitpunkt hatten sie seit über einem Jahr kein Spiel verloren). Außerdem kamen sie nach Breslau mit der stärksten Mannschaft, die sie damals aufstellen konnten. Die Deutschen hingegen galten trotz ihres dritten Platzes bei der Weltmeisterschaft 1934 noch nicht als Fußball-Weltmacht. Sie wurden eher mit Powerplay assoziiert, weniger mit taktischer oder technischer Finesse.
In Breslau spielten sie jedoch mit viel Elan, in einem außergewöhnlichen Tempo und einer ruhigen Spielweise. Ihr kombinatorischer, moderner Fußball beeindruckte die Zuschauer (auf der Tribüne saßen sogar Spieler von Manchester City, also Profis, die die Qualität des Spiels beurteilen konnten). Die Dänen waren völlig hilflos.
Und vor allem hat die deutsche Nationalmannschaft sehr effektiv gespielt. Vor der Pause fielen vier Tore, nach der Pause vier weitere. Fünf Tore in diesem Spiel erzielten Otto Siffling (SV Waldhof Mannheim) und je eins Ernst Lehner (TSV Schwaben Augsburg), Adolf Urban und Fritz Szepan (beide FC Schalke 04).
In der deutschen Mannschaft war kein einziger Spieler aus Schlesien vertreten. Nicht, weil es hier an Talenten mangelte. Die Vereine aus Breslau und Oberschlesien hatten nur selten die Gelegenheit, ihr Können auf der nationalen Bühne zu zeigen. Die Trainer der deutschen Auswahl zogen es vor, auf Spieler zu setzen, die sie gut kannten.
Das Olympiastadion von Breslau hieß damals Hermann-Göring-Stadion. Sie war gerade erst umgebaut worden, und das Spiel wurde von 40.000 Zuschauern verfolgt.
Unvollendete Geschichte
Die deutsche Mannschaft wurde in diesem Spiel von Josef “Sepp” Herberger als Reichstrainer und Otto Nerz als Referenten für die Nationalmannschaft geleitet, die gegeneinander einen Machtkampf führten. Bald darauf war Herberger allein für die deutsche Nationalmannschaft verantwortlich. Er leitete sie bis 1942 und dann von 1950 bis 1964. 1954 leitete er die sensationelle Weltmeisterschaft, die die deutsche Elf auf dem Rasen der Schweiz gewann und die als “Wunder von Bern” in die Geschichte einging. Herberger verbindet damit zwei deutsche Nationalmannschaften, die Geschichte geschrieben haben.
Das Spiel gegen die Dänen erwies sich als der Beginn einer großartigen Serie. Die deutsche Mannschaft gewann 10 der 11 Länderspiele, die sie 1937 bestritt. Die Geschichte der Breslau-Elf blieb jedoch unvollendet. Diese Mannschaft sollte sich bei der Weltmeisterschaft 1938 in Frankreich bewähren, aber sie bekam diese Chance nicht.
Diese Pläne wurden durch die Politik zunichte gemacht. Nach dem Anschluss Österreichs wurde aus politischen Gründen – und gegen Protest von Herberger – die Zusammenlegung der deutschen und österreichischen Nationalmannschaften durchgesetzt. Die besten Österreicher waren damals hervorragende Spieler, besser als die Deutschen, aber es war keine Zeit, die Mannschaft zusammenzustellen. Auf dem Spielfeld war diese Kombination von Kräften kontraproduktiv.
Man kann nur spekulieren, wie sich die Breslau-Elf 1938 auf dem französischen Rasen präsentiert hätte…
Text: Sławomir Szymański