Das Bild der dänischen Malerin Bertha Wegmann (1847-1926) kehrte nach fast 80 Jahren nach Breslau zurück
Bis 1939 befand es sich in der Sammlung des Schlesischen Museums der Bildenden Künste in Breslau.
Das Bild „Der Sommer“ von Bertha Wegmann tauchte mehrere Male auf verschiedenen Auktionen in vielen Ländern auf. Dank den Bemühungen des polnischen Ministeriums für Kultur und Nationales Erbe (Ministerstwo Kultury i Dziedzictwa Narodowego) gelang es, das Bild für Breslau (Wrocław) zurückzugewinnen. Die offizielle Zurückgabe des Bildes fand am 24. Oktober 2025 im Nationalmuseum Breslau (Muzeum Narodowe we Wrocławiu) statt. Das dänische Geschwisterpaar, das vor kurzem das Bild geerbt hat und von der verwickelten Geschichte des Bildes nichts wusste, entschied sich, das Bild an die Stadt zurückzugeben.


Das Bild wurde in Niederschlesien, in Wölfelsgrund (Międzygórze), gemalt. Im Jahre 1906 wurde es vom Schlesischen Kunstverein gekauft und befand sich zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Schlesischen Museum der Bildenden Künste. Die letzte Spur von dem Bild geht auf die 30. Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Das Bild wurde 1939 aus dem Museum ausgeliehen und hing mit den anderen drei Bildern in der Viktoriaschule in der Blücherstraße (heute das 1. Lyzeum in der Poniatowskiego-Str.). Die Schule bildete Mädchen aus, deshalb sollte das Bild wahrscheinlich ein Beispiel geben, wie die Rolle der Frauen im III. Reich sein soll. Das Bild passte thematisch der Propaganda der Nazizeit: Kult der Mutterschaft, der Natur, der Vitalität, der Hingabe. Es stellt eine Schlesierin mit Zwillingen dar: das eine Kind wird gestillt, das andere liegt fröhlich auf dem Mutterschoß. Im Hintergrund ist die schlesische Landschaft sichtbar – der reife Sommer.
In der Schule überstand das Bild den Zweiten Weltkrieg. Im Jahre 1947 wurde von dem Direktor der Schule der Diebstahl von 4 Bildern angemeldet. Unter den Bildern konnte auch „Der Sommer“ sein. Dann verliert sich seine Spur. Das illegal ausgebrachte Bild machte einen langen Weg: es war in Großbritannien, in Israel, dann wurde es nach Kopenhagen gebracht, wo es zwei Mal zum Verkauf angeboten wurde. Es wurde nach dem Bild nicht gesucht, weil es an der Fotodokumentation des Werkes fehlte. Entscheidend zeigte sich die Beschreibung im Museumskatalog und ein polnischer Aufkleber auf der Rückseite des Bildes (ein Beweis, dass das Bild wahrscheinlich nach dem Zweiten Weltkrieg renoviert wurde).

„Das Kulturministerium ist zunehmend erfolgreich bei der Rückgewinnung von Kulturgütern, die während des Zweiten Weltkriegs gestohlen wurden. Dank der Arbeit des Teams der Abteilung für die Rückgabe von Kulturgütern, aber auch dank des Engagements und der Zusammenarbeit unserer Kulturinstitutionen sind bereits über 800 Objekte nach Polen zurückgekehrt. Derzeit bearbeiten wir mehrere Dutzend Fälle in 18 Ländern weltweit, und ich hoffe, dass bald weitere zurückgewonnene Kulturgüter nach Polen zurückkehren werden“ – sagte Marta Cienkowska, Ministerin für Kultur und Nationales Erbe der Republik Polen bei der Pressekonferenz anlässlich der Rückkehr des Bildes nach Breslau.

Von der Schweiz über Dänemark nach Niederschlesien
Bertha Wegmann wurde 1847 in der Schweiz geboren. Als Kind zog sie mit ihren Eltern nach Kopenhagen zurück. Bertha zeigte von früh an ein Interesse fürs Malen. Ein Familienmäzen – Moses Melchior – finanzierte ihr das Studium in München und Paris. Ab 1881 kamen die ersten Preise und Auszeichnungen u.a. goldene Medaille in Salon de Paris („Das Porträt der Malerin Jeanny Bauck“). Sie malte überwiegend Frauen – eine große Inspiration gaben ihr ihre Partnerinnen und Freundinnen. Faszinierend für sie war alles, was mit der Sensibilität der Frauen und ihrer Weiblichkeit zu tu hatte. Obwohl sie selber nie Mutter wurde, konnte sie auf eine wundersame Art und Weise die Muttergefühle und Liebe zeigen.
Nachdem Bertha Wegmann eine um 17 Jahre jüngere Toni Agnes Annette Möller (Møller) kennengelernt hatte, besuchte sie sie mehrmals in Niederschlesien. Zuerst waren das kurze Kuraufenthalte, später entschied sich Wegmann nach Wölfelsgrund (Międzygórze) zu ziehen, wo der Vater von Toni für sie ein Atelier gebaut hat. In der Villa Trebla (von hinten gelesen kommt der Name Albert: Albert Möller – Vater von Toni, der für seine Tochter und ihre Partnerin diese Villa gebaut hat) entstand eben das Bild „Der Sommer“. Es ist möglich, das auf dem Bild eine Frau aus Wölfelsgrund dargestellt wurde. Die Villa ist erhalten geblieben und bietet bis heute Gästezimmer.

Am Ende des Lebens adoptierte Bertha Wegmann ihre Partnerin. Toni Agnes Annette Möller-Wegmann wurde auch ihre Erbin. Nach dem Tod von Bertha Wegman hat sie sich in ein Kloster zurückgezogen. Sie starb 1947. In ihrem Testament verschrieb sie alle Werke von Bertha Wegmann an das Museum in Kopenhagen.
Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka (wenn nicht anders angegeben)
