Nach dem Einsatz in Szklarska Poręba (Schreiberhau) wurde in Dzierżoniów (Reichenbach/ Eulengebirge) der evangelische Friedhof aufgeräumt
Friedemann Scholz berichtet.
Bei einer ersten Zusammenkunft im Oktober 2021 in Szklarska Poręba Dolna (Niederschreiberhau) zwischen der Stadtverwaltung Dzierżoniów (Reichenbach) und den Mitgliedern der Landsmannschaft Schlesien in Sachsen wurden Vorbereitungen getroffen, den evangelischen Friedhof in Dzierżoniów zu rekultivieren (SILESIA News informierte).
Vom 25. bis zum 27. März 2022 fuhren 15 Mitglieder der LM Schlesien in Sachsen und Freunde Schlesiens an den “Fuß des Eulengebirges”, um erste praktische Schritte zu unternehmen. Die Übernachtung, die durchgängige Verpflegung der deutschen Gäste und die Bereitstellung der notwendigen Werkzeuge und Container organisierte die aktive und äußerst aufgeschlossene Stadtverwaltung unter Leitung der stellv. Bürgermeisterin Dorota Pieszczuch.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Friedhöfen im historischen Ostdeutschland sind in dieser niederschlesischen Stadt noch eine Vielzahl von Grabsteinen erhalten, die aber von wild wucherndem Efeu “befreit”, gereinigt und wieder aufgestellt werden müssen. Die Mitglieder der LM arbeiteten bereits am Freitag auf dem Friedhof. Bei ihrer Ankunft wurden sie dort vom Bürgermeister Dariusz Kucharski begrüßt. Am Abend lud die stellvertretende Bürgermeisterin zu einem Empfang im Hotel „OSiR“ ein. Die deutschen Gäste brachten ein Brot und zwei Streuselkuchen als Begrüßungsgeschenke mit. Besondere Beachtung fand bei den Vertretern der Stadtverwaltung das Brot mit dem polnischen Schriftzug „Danke“. Die deutschen Gäste beim Arbeitseinsatz erhielten jeweils eine Tüte mit ausgesuchten Souvenirs der Stadt Dzierżoniów. Bei den Arbeiten am Sonnabend wurden die deutschen Teilnehmer von Vertretern der Stadtverwaltung, Einwohnern Reichenbachs und Mitgliedern des polnischen Vereins „TILIAE“ aus Liegnitz tatkräftig unterstützt. Das empfanden alle Beteiligten als gelebte Versöhnung und ist überzeugender als große Worte der Politiker! Während der gemeinsamen Arbeit besuchten Journalisten von zwei regionalen Fernsehsendern und einer Tageszeitung den Friedhof (Gazeta Wyborcza).
Sie führten Gespräche mit Vertretern der Stadtführung, den deutschen Gästen, dem polnischen Verein und einem älteren Einwohner der Stadt, Eugeniusz Fuchs. Er gehört zu den Deutschen, die nach 1945 im polnisch gewordenen Schlesien verblieben. Herr Fuchs setzte sich seit vielen Jahren für einen würdevollen Umgang mit dem alten deutschen Friedhof und wird nun hoffentlich seine Anstrengungen belohnt sehen. Die Arbeiten am Sonnabend dauerten bis 16 Uhr, unterbrochen von einer ausgiebigen Mittagspause, in der die Stadtverwaltung Getränke und einen Imbiss für alle Teilnehmer anbot. Abgerundet wurde dieser Arbeitseinsatz am Sonntag – bei herrlichem Frühlingswetter – mit einer dreistündigen, sehr lehrreichen Stadtführung durch Piotr Argalski vom Fremdenverkehrsamt der Stadt. Diese endete mit einem Besuch des kleinen aber sehenswerten Heimatmuseums der Stadt.
Das zweite Arbeitswochenende in Reichenbach begann am 22. April um 14 Uhr. Bereits seit dem Vormittag arbeiteten auf dem Friedhof Schüler, Einwohner und Mitglieder des „Vereins der regionalen Unternehmer“. Die stellvertretende Bürgermeisterin, Frau Pieszczuch begrüßte die 15 sächsischen Gäste wieder sehr herzlich. Trotz vieler dunkler Wolken am Himmel blieb es trocken. So konnten die Arbeiten planmäßig vonstattengehen. Strahlender Sonnenschein und blauer Himmel begleiteten die Teilnehmer am folgenden Tag. Die Gäste aus Deutschland begannen um 9 Uhr mit der weiteren Säuberung des Friedhofs. Sie wurden bereits von einem Fernsehteam des MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) erwartet. Dieses wollte die gemeinsame Arbeit von Polen und Deutschen begleiten sowie einige Interviews mit den verantwortlichen Akteuren führen. Über zwei Stunden verbrachte das Team vor Ort. Der Beitrag wurde am 24. April um 19 Uhr in der Sendung „Sachsenspiegel” ausgestrahlt. Das polnische Fernsehen (TVP) übernahm den Beitrag von den deutschen Kollegen und zeigte ihn am 27. April in der Sendung „Fakty”. Trotz der Fernsehaufnahmen ging die Arbeit auf dem Friedhof am Sonnabend zügig weiter. Im Laufe des Vormittags stieg die Zahl der Teilnehmer am Arbeitseinsatz. Mitglieder von verschiedenen polnischen Vereinen (Heimatverein Reichenbach, TILIAE aus Liegnitz), Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie Einwohner und Schüler von Reichenbach arbeiteten Hand in Hand bis 16.30 Uhr mit den Gästen aus Sachsen. Unterbrochen wurden die Arbeiten nur von einem Mittagsimbiss. Frau Dorota Pieszczuch bedankte sich in einer kurzen Rede zum Abschluss der Arbeiten bei allen Teilnehmern des Arbeitseinsatzes. Sie gab einen Einblick in die offiziellen städtischen Pläne zur Gestaltung des gesamten Areals. Die deutschen Gäste sicherten der Stadt ihre weitere Hilfe zu. Sie boten bereits an, im Oktober ein weiteres Wochenende nach Reichenbach zu kommen. Am Abend trafen sich die Vertreter der Stadt und die Gäste zu einem gemeinsamen Abendessen, bei dem auch so manch persönlicher Kontakt vertieft wurde. Einige Akteure werden untereinander in Verbindung bleiben.
Spende an polnischen Verein TILIAE übergeben
Im Rahmen der beiden Arbeitseinsätze in Dzierżoniów (Reichenbach am Eulengebirge) übergab der Vorsitzende der LM Schlesien/LV Sachsen eine Spende an den Verein TILIAE aus Liegnitz.
Nach einem weihnachtlichen Spendenaufruf unter den Mitgliedern und Freunden des Landesverbandes kam eine Spendensumme von 400 Euro zusammen. Der Vorstand beschloss in seiner ersten Arbeitssitzung 2022, die Summe mit eigenen Mitteln auf 500 Euro zu erhöhen.
Der kleine Verein aus Liegnitz arbeitet ehrenamtlich auf alten evangelischen Friedhöfen in Polen. Sein derzeitiges Projekt ist der Friedhof in Piątnica (Pfaffendorf), heute ein Ortsteil von Liegnitz (s. SILESIA News). Dieser wurde von jahrzehntealtem Unrat und Wildwuchs befreit, letzte vorhandene Grabsteine gesichert und aufgestellt sowie der Zugang zum Areal gekennzeichnet. Im vergangenen Monat wurde das Aufstellen einer großen zweisprachigen Informationstafel zur Geschichte des Ortes und des Friedhofs von den Behörden genehmigt und die Fertigung in Auftrag gegeben. Inzwischen ist sie auf dem Friedhof montiert und aufgestellt worden.
Die Spende der Mitglieder und Freunde der Landsmannschaft Schlesien in Sachsen wird es ermöglichen, endlich einen Hochdruckreiniger für das Säubern der aufgefundenen Grabsteine zu kaufen. Dies sagte Hanna Szurczak, die Vorsitzende des Vereins, bei der Übergabe der Spende. Sie bedankte sich außerordentlich bei den Spendern für diese unerwartet hohe Unterstützung ihrer Arbeit.
Tiliae ist der lateinische Name für den Lindenbaum, den man meist als Alleebaum auf den Friedhöfen pflanzt bzw. dort vorfindet. Mit dem gleichnamigen Verein arbeitete die LM Schlesien/LV Sachsen bei beiden Arbeitseinsätzen auf dem alten evangelischen Friedhof in Dzierżoniów zusammen. Weitere gemeinsame Projekte werden folgen.
Alle Arbeitseinsätze wurden mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Die LM Schlesien/LV Sachsen bedankt sich herzlich beim schlesischen Hübner-Bäcker in Horka für die Brot- und Kuchenspende. Ein besonderer Dank gilt dem Heimatbund Reichenbach e.V. aus Warendorf, der sich mit einer großzügigen Geldspende an den Arbeitseinsätzen beteiligt hat.
Text und Fotos: Friedemann Scholz, Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Landesverband Sachsen (www.lm-schlesien-lvsn.de)