Vor 225 Jahren bereiste John Quincy Adams Schlesien

Seine Eindrücke, Beobachtungen und Überlegungen beschrieb er in Briefen an seinen Bruder Thomas

„Briefe über Schlesien” ermöglichen einen Einblick in die Vergangenheit der Region.

Bevor John Quincy Adams (1767-1848) der sechste Präsident der Vereinigten Staaten wurde (er war von 1825 bis 1829 im Amt), war er von 1797 bis 1801 amerikanischer Botschafter im Königreich Preußen am Hofe von König Friedrich Wilhelm III.

Im Sommer 1800 reiste er mit seiner Frau nach Schlesien. Es war kein kurzer Ausflug, sondern eine lange, fast zweimonatige Reise. Der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten lernte die Region sehr gründlich kennen (wobei er Niederschlesien und Grafschaft Glatz bereiste, in Oberschlesien war er nicht). Er besuchte unter anderem Grünberg (Zielona Góra), Hirschberg (Jelenia Góra), Schmiedeberg (Kowary), Landeshut (Kamienna Góra), Waldenburg (Wałbrzych) und das Schloss Fürstenstein (Zamek Książ), Reichenbach (Dzierżoniów), Frankenstein (Ząbkowice Śląskie), Wartha (Bardo), Glatz (Kłodzko), Breslau (Wrocław), Neumarkt in Schlesien (Środa Śląska), Liegnitz (Legnica), Bad Flinsberg (Świeradów), Greiffenberg (Gryfów) und Lauban (Lubań).

Spuren der Kriege, gute Straßen

„In ganz Niederschlesien gibt es fast keine Stadt, die nicht Spuren der Verwüstung durch den Dreißigjährigen und den Siebenjährigen Krieg aufweist”, bemerkte John Quincy Adams. Andererseits verzeichnete er auch viele positive Eindrücke, zum Beispiel: „Alle Straßen sind befestigt und fast, wenn nicht sogar vollständig, mit denen in England vergleichbar”.

Die Landschaften begeisterten ihn: „Nichts kann schöner sein als die Lage von Jelenia Góra selbst. Diese wunderschöne Stadt voller prächtiger Gebäude liegt in einem Tal, das auf allen Seiten von kleineren oder größeren Hügeln umgeben ist. Und den Hintergrund für diese Kulisse bildet der erhabene Schatten des Riesengebirges”.

Er besuchte auch die Burg Kynast: „Als wir auf den Ruinen der Gemächer wild wachsende Himbeeren pflückten, kam uns der Gedanke, dass es etwa 200 Jahre älter war als die Entdeckung Amerikas.“

Damals gehörte Schlesien erst seit wenigen Jahrzehnten zu Preußen, womit sich der vorherige Besitzer – Österreich – nicht abfinden konnte. Die Aussicht auf einen weiteren Krieg um diese Provinz schwebte ständig über ihr. Quincy Adams besuchte unter anderem die Festung in Silberberg (Srebrna Góra), die gebaut worden war, um einen möglichen österreichischen Angriff abzuwehren. Er hatte die seltene Gelegenheit, ein Holzmodell der Festung zu sehen, das normalerweise in Einzelteilen in Kisten aufbewahrt wurde. Zufällig hatte der König das Objekt einige Tage zuvor besucht, sodass das Modell zusammengelegt worden war. „Der Kommandant sagte uns, dass sie es fast niemandem außer Damen zeigten, da er sicher war, dass diese solche Geheimnisse niemals verraten würden. Ich sagte ihm, dass er es mir, wie er wohl bereits bemerkt hatte, genauso sicher anvertrauen könne wie einer Frau.“

Das letzte Turnier und Bilgenwasser

Militärische Fragen waren jedoch nur eines der Themen, die ihn interessierten. Er hatte auch Gelegenheit, am gesellschaftlichen Leben der höheren Kreise teilzunehmen. Unter anderem beobachtete er das von Hans Heinrich XV. Graf von Hochberg organisierte „letzte Ritterturnier in Schlesien”, zu dessen Ehrengästen der preußische König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise gehörten.

In Bad Landeck (Lądek-Zdrój) stellte er fest: „Das Badewasser ist fast so warm wie Milch, und das Trinkwasser ist kalt und kristallklar, aber so stark mit Schwefel gesättigt, dass es wie Bilgenwasser schmeckt”.

Was für Geschäfte werden hier gemacht?

Er interessierte sich nicht nur für Burgen, Schlösser, Kirchen, Festungen, Kurorte oder Berge (er bestieg die Schneekoppe, den Großen Heuscheuer und den Zobten), sondern auch für Zuckerraffinerien, Glashütten, den Handel mit Leinen, Kohlebergwerke, also die Entwicklung der Industrie und des gesamten schlesischen Geschäftslebens.

Über Neumark in Schlesien (Środa Śląska) schreibt er beispielsweise, dass es sich um eine „kleine Stadt handelt, die nur für den Anbau von Tabak und Färberkrapp bekannt ist”.

Breslau wollte er ursprünglich gar nicht besuchen, man hatte ihm in Berlin davon abgeraten. Als er jedoch auf seiner Reise durch Schlesien in die Nähe der Provinzhauptstadt kam, beschloss er, dort ein paar Tage zu verbringen. Seine Eindrücke? Breslau „ist so, wie es uns beschrieben wurde – eine große, alte und sehr schmutzige Stadt”. Um als „große Stadt” zu gelten, reichten damals nur 60.000 Einwohner.

Quincy Adams bemerkte unter anderem auch, dass Breslau „ein bedeutendes Handelszentrum ist und der Verkehr das Stadtbild viel stärker prägt als in Berlin. Die wichtigsten Exportgüter sind Tuch und Leinen”. Weiter erwähnt er, dass die Lage der Stadt an der Oder „sie natürlich zu einem Handelszentrum für die gesamte Provinz macht”, unter anderem weil sie eine direkte Verbindung nach Stettin und Hamburg gewährleistet.

Hier kann man hinzufügen, dass schiffbare Flüsse für den damaligen Transport das waren, was heute die wichtigsten Autobahnen sind. Deshalb investierte der preußische Staat enorme Mittel in die Regulierung der Oder. Dies war für die wirtschaftliche Entwicklung ganz Schlesiens von großer Bedeutung.

Quincy Adams spürte in Breslau auch einen Hauch von Exotik: „Außerdem wird der Handel mit dem Osten auf dem Landweg mit russischen Karawanen betrieben. Man hat sie uns beschrieben, und wir bedauern, dass wir nicht lange genug hier bleiben, um sie zu sehen.”

Mitte September 1800 beendete John Quincy Adams seine Reise. Die „Letters on Silesia” (Briefe über Schlesien) wurden schnell veröffentlicht (obwohl der Autor sie nicht mit Blick auf eine Veröffentlichung geschrieben hatte), sehr gut aufgenommen und später in viele Sprachen übersetzt. Die hier zitierten Fragmente wurden vom Autor aus der polnischen Ausgabe ins Deutsche übersetzt.

Text: Sławomir Szymański