Preußischer Zinkkönig Karl Godulla

Der Selfmademan aus Oberschlesien gehört zu den interessantesten Protagonisten der regionalen Geschichte des 19. Jahrhunderts

Seinen Erfolg verdankte er in erster Linie eigenem Fleiß und überdurchschnittlichem Talent.

Der 1781 in Makoschau (Makoszowy, heute Stadtteil von Zabrze) geborene Karl Godulla gehört zu den interessantesten Protagonisten der regionalen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Denn in seinem Falle waren es weder ein vererbtes Vermögen noch eine hohe gesellschaftliche Stellung, die ihn zu einem der reichsten Menschen in der Region machten. Seinen Erfolg verdankte er in erster Linie dem eigenen Fleiß und seinem überdurchschnittlichen Talent.

Nicht erhaltenes Glasfenster aus Gleiwitz (Gliwice) mit der Darstellung von Karl Godulla. Quelle: www.slaskie.travel

Karl Godulla (in den polnischen Quellen Karol Godula) stammte zwar nicht – wie manchmal behauptet wird – aus armen Verhältnissen. Dennoch deutete anfangs nichts darauf hin, dass er jemals eine besondere Bedeutung erlangen würde. Als entscheidend im Leben dieses Sohnes eines Jägermeisters erwiesen sich die lehrreiche Zeit als Verwalter der Gräflich von Ballestrem´schen Güter und Betriebe sowie seine Klugheit, Fleiß und Energie. Nachdem Godulla beschlossen hatte, sich von seinem bisherigen Arbeitgeber zu verabschieden, nahm seine unternehmerische Karriere ein derart rasantes Tempo ein, dass in Oberschlesien sogar gemunkelt wurde, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. In Wirklichkeit verdankte er den Erfolg seinem organisatorischen Sinn und mehreren gelungenen Geschäften, die er bereits in der frühen Phase seiner selbständigen Aktivitäten machte. Unter anderem erzielte er große Gewinne bei der Wiederverhüttung der auf Halden gelagerten Zink- und Eisenschlacken. Eine wichtige Einnahmequelle bildete zudem die Muffelanfertigung für die Zinkhütten. In diesem Bereich war er oberschlesienweit ein Monopolist.

Landschaft des von Karl Godulla gegründeten Ortes Godullahütte, 1937. Quelle: Henryk Poddębski, Nationales Digitalarchiv NAC, Warschau / Narodowe Archiwum Cyfrowe Warszawa

Als Karl Godulla vor 176 Jahren – am 6. Juli 1848 – in Breslau (Wrocław) starb, hinterließ er ca. 60 Steinkohle- und Galmeibergwerke, drei Zinkhütten und große Ländereien, die heute vor allem innerhalb der Stadtgrenzen von Ruda (Ruda Śląska) und Beuthen (Bytom) liegen. Der Wert seines Vermögens wurde auf zwei Millionen Taler geschätzt. In den historischen Quellen wird oft hervorgehoben, dass dieser einer der reichsten Menschen Oberschlesiens als mürrischer Einzelgänger galt, wobei dies vermutlich zum Teil auf ein tragisches Ereignis zurückzuführen war.  In der Zeit, in der er in den Wäldern des Grafen von Ballestrem als Jäger arbeitete, wurde er von Wilderern angegriffen und verstümmelt. Bis zu seinem Lebensende trug Godullas Körper Spuren dieser brutalen Misshandlung.

Ruinen des Hauses in Ruda, in dem Karl Godulla wohnte. Quelle: www.slaskie.travel
Das oberschlesische Aschenputtel

Mit der Legende des preußischen Zinkkönigs ist unzertrennlich die des „oberschlesischen Aschenputtels“ verbunden. Diesen Beinamen erhielt Johanna Gryczik, ein Mädchen aus armer Familie, das der kinderlose Godulla adoptierte und dem er testamentarisch einen großen Teil seines Vermögens vermachte. Die angenommene Tochter des Millionärs wurde später geadelt und heiratete – schon als Johanna Gryczik von Schomberg-Godulla – den Grafen Hans Ulrich von Schaffgotsch.

Godullas Schloss in Schomberg. Quelle: Gemälde von Alexander Duncker, Wikimedia Commons
Erinnerung an Karl Godulla

An den oberschlesischen Selfmademan wird heute in der Region in vielfacher Form erinnert. Seinen Namen trägt der von ihm gegründete Rudaer Stadtteil (Godula / Godullahütte). Überdies wurde der Unternehmer in mehreren Städten der Region als Straßenpatron gewürdigt. Vor allem die Verwaltung von Ruda ist seit Jahren bestrebt, die Erinnerung an den Zinkkönig aufrechtzuerhalten, da ihm mehrere Stadtteile seine Entstehung bzw. Entwicklung verdanken. Im Westen der Stadt befinden sich zudem Ruinen eines Hauses, in dem Godulla lebte und das er angeblich seinem luxuriösen Schloss in Schomberg (Szombierki) bei Beuthen bevorzugte. Das letztere Objekt, 1945 von sowjetischen Soldaten ausgeplündert und in Brand gesetzt, wurde knapp zehn Jahre nach Kriegsende abgerissen.

Text: Dawid Smolorz