Zu Besuch bei der “Mutter Zwerg”

In einer alten Straßenbahnreparaturhalle fertigt Beata Zwolańska-Hołod seit 2005 für die Stadt Wrocław (Breslau) Zwerge aus Bronze

Über 500 kleine Wichtel hat die Künstlerin bereits in die Welt gesetzt. 

Sie ist 47 Jahre alt, studierte Kunst an der Kunstakademie in Wrocław (Breslau) und hat eine Werkstatt in der alten Straßenbahnreparaturhalle. Seit 2005 fertigt sie auf Bestellung der Stadt oder privater Personen kleine Zwerge aus Bronze. Die Künstlerin Beata Zwolańska-Hołod wird als “Mutter Zwerg” bezeichnet, weil sie schon über 500 kleine Wichtel gemacht hat. Ihr Erkennungszeichen sind u.a. VIP-Zwerge mit einem Gesicht einer konkreten, meist berühmten Person, die sich positiv in der Geschichte der Stadt eingeschrieben hat.

Die Künstlerin Beata Zwolańska-Hołod mit der Gipsform des berühmten Polonisten Jan Miodek.

Die Zwerge werden in der Regel auf Initiative der Stadt hingestellt oder auf Initiative von Personen oder Vereinen, die überzeugt sind, dass sich jemand so ein Andenken verdient hat. Jeder hat Recht, einen Zwerg zu stiften. Wichtig ist nur, dass man Geld und einen Ort hat, wo man ihn hinstellen darf. Die Herstellung eines Zwerges aus Bronze kostet ca. 2000 Euro und mehr, je nachdem, wie viele Details die Figur hat und wie lange der Prozess der Herstellung dauert.

Die Zwerge erfüllen eine konkrete Rolle: sie sind eine Art Würdigung für berühmte Persönlichkeiten der niederschlesischen Hauptstadt. Auch für die noch Lebenden. Denn die Denkmäler oder Tafel werden in der Regel für verstorbene Personen gemacht. Bei den Zwergen ist es anders: in Breslau kann man eine ganze Reihe von den VIP-Zwergen sehen, die ihre “Entsprechung” in der Wirklichkeit haben. Es gibt z. B. einen Zwerg mit dem Gesicht des ehemaligen Stadtpräsidenten der Stadt Rafał Dutkiewicz, eines berühmten Polonisten Jan Miodek, eines Jazz-Musikers und Komponisten Leszek Możdżer, des Ideengebers des Gitarren-Guinness-Rekord Leszek Cichoński oder des Schriftstellers Marek Krajewski. Es sind Vertreter von Musikern, Sportlern, Schriftstellern, Ärzten, Satirikern, Regisseuren, Künstlern und Politikern dabei. Ab und zu werden auf diese Weise Personen gewürdigt, die durch verschiedene Veranstaltungen mit der Stadt verbunden sind. Die Idee der Zwerge, die an die antikommunistische Bewegung der 1980er Jahre anknüpft, wurde sehr warm angenommen, was dazu führt, dass immer wieder neue Objekte entstehen. Die Zwerge-Künstler haben also alle Hände voll zu tun. Zu den bekanntesten gehören außer “Mutter Zwerg”, Grzegorz Łagowski, Tomasz Moczek, Marcin Łuczkowski, Marta Mirynowska und Piotr Makała. Es entsteht die Frage, ob die Arbeit nicht zu sehr langweilig und zu monoton ist?

“Langweilig? Nein!” – sagt die Künstlerin Beata Zwolańska-Hołod. “Selbstverständlich freue ich mich, wenn außer Zwerge andere Bestellungen kommen. Vor kurzem habe ich z. B. einen Hund aus Bronze für einen Besitzer gemacht, der ein Andenken an seinen tierischen Freund haben wollte. Es war eine sehr interessante Arbeit. Aber den Zwergen bin ich besonders dankbar. Sie haben mir geholfen, die ganze Technik zu lernen: das Formen, Gießen usw. Und sie erlauben mir, auf einem normalen Niveau zu leben. Die Arbeit ist sehr interessant. Für Langeweile bleibt keine Zeit” – lacht die Künstlerin. “Ich habe manchmal kritische Momente, wo ich mir denke: Schluss damit! Das kommt, wenn etwas nicht klappt oder wenn ich die Arbeit zwei oder drei Mal wiederholen muss. Einmal habe ich z. B. einen Zwerg aus Wachs nach Hause genommen und ihn im Kofferraum meines Autos vergessen. Es war warm. Als ich mich am Abend an ihn erinnert hatte, habe ich nur Wachs im Kofferraum gefunden… Oder einmal habe ich mein Modell auf dem Balkon gelassen. Die Meisen waren der Meinung, es muss bearbeitet werden. Und sie haben meine Zwergin „verschönert“. Das war so lustig! Solches passiert ab und zu – deshalb muss man viel Geduld und Disziplin haben”– sagt die Künstlerin.

Von der Idee bis zur fertigen Figur dauert es meistens drei bis vier Wochen. Zuerst ist die Idee – eine kleine Skulptur wird aus der Knetmasse gemacht. Dann wird die Figur 1:1 vorbereitet und aus Wachs gefertigt. Jede Skulptur aus Wachs muss dann nachgearbeitet werden. Dann kommt die Gipsform und am Ende wird die Bronzestatue eingegossen. So ein kleiner Wichtel wiegt ca. 12 Kilo – keine Arbeit für schwache Frauen! Die zusätzlichen Elemente werden extra abgegossen und dann mit der Figur zusammengeschweißt. “Wenn man die Form kaputtschlägt, ist das ein besonderes Moment. Sehr emotional – man weiß nie, ob alles gelungen ist”.

Beata Zwolańska-Hołod hat schon nach Deutschland, Amerika und Finnland exportiert. Einige von ihren Zwergen stehen in den Partnerstädten von Wrocław – in Dresden (sogar zwei) und in Wiesbaden. Wie viele gibt es in Breslau? Die Autorin des Textes hat die Orientierung schon längst verloren, aber um die 1000 kann man jetzt bestimmt finden. Die Hälfte von ihnen stammt von Beata Zwolańska-Hołod.

Text & Bilder (wenn nicht anders angegeben): Małgorzata Urlich-Kornacka