Oberschlesien ist eine der wenigen Regionen Polens mit genau festgelegten Grenzen
Da sich diese aber mit den aktuellen Woiwodschaftsgrenzen nicht decken, besteht in dem Bereich stets Aufklärungsbedarf.
Oberschlesien ist eine der wenigen Regionen Polens mit genau festgelegten Grenzen. Diese historisch gewachsenen Grenzen decken sich aber nicht mit den aktuellen administrativen Grenzen der Woiwodschaft Schlesien. Nebenbei bemerkt: Im Zuge der 1999 eingeführten Neustrukturierung der Woiwodschaften in Polen wurde Oberschlesien Teil der Woiwodschaft Schlesien, die auch andere historische Regionen umfasst. Da für die Woiwodschaft der Name Schlesien und nicht Oberschlesien gewählt wurde, wird in Polen mit „Schlesien“ (nur) das östliche Oberschlesien gemeint; seinen westlichen Teil bezeichnet man hingegen oft als Oppelner Land und für die Region mit der Hauptstadt Breslau (Wrocław) benutzt man den Namen Niederschlesien (Dolny Śląsk), wie die entsprechende Woiwodschaft auch heißt.
Dadurch, dass sich die Grenzen historisch gewachsener Regionen und die Grenzen der Verwaltungseinheiten nicht decken, besteht in der Woiwodschaft Schlesien immer wieder großes Aufklärungsbedarf – wo befinden wir uns?
Als erste leisteten die Nachbarn aus dem im historischen Kleinpolen gelegenen Dombrowaer Kohlerevier (Zagłębie Dąbrowskie) einen wichtigen Beitrag zur regionalen Bildung und machten damit den etwas zögerlichen Oberschlesiern einen Gefallen. 2015 beschloss nämlich die Stadt Sosnowitz (Sosnowiec), der Öffentlichkeit auch in optischer Form mitzuteilen, dass sie zwar zur Woiwodschaft Schlesien gehört, aber nicht in Oberschlesien liegt, und stellte an den Einfallstraßen aus Richtung Kattowitz (Katowice) und Myslowitz (Mysłowice) inoffizielle Grenztafeln mit dem Text „Willkommen im Dombrowaer Kohlerevier“ auf. Später wurden diese Schilder an einigen Stellen noch mit dem Text „Hast du den Pass dabei?“ ergänzt. Damit wird mit Humor daran erinnert, dass Sosnowitz und die westlich davon gelegenen oberschlesischen Gebiete sechs Jahrhunderte lang in verschiedenen Staaten lagen.
Eine Reaktion vom westlichen Brinitza-Ufer kam drei Jahre später, als an der Grenze der oberschlesischen Stadt Laurahütte-Siemianowitz (Siemianowice Śląskie) zu Czeladź, die sich mit der historischen Ostgrenze der Region deckt, Begrüßungstafeln mit polnischem und oberschlesischem Text aufgestellt wurden. Initiatoren dieses Vorhabens waren Mitglieder der lokalen Sektion der Bewegung für die Autonomie Schlesiens (Ruch Autonomii Śląska, RAŚ). Offensichtlich wecken solche Initiativen bei einem Teil der Bevölkerung des ehemaligen Grenzlandes immer noch starke Emotionen, da schon zwei Tage nach der offiziellen Enthüllung die Tafeln mit Parolen beschmiert wurden, die alles andere als eine Sympathiebekundung gegenüber den Oberschlesiern waren.
Ähnliche Initiativen gab es mittlerweile auch im tschechischen Teil der Region. In Stauding (Studénka), einer Stadt, die sich in einen schlesischen und einen mährischen Teil gliedert, informieren schlichte Tafeln über den Verlauf der regionalen Grenze. In der Gemeinde Ostrawitz (Ostravice), die sich sowohl im historischen Schlesien als auch in Mähren erstreckt, ist die Grenze wiederum an zwei Stellen mit dem jeweiligen regionalen Wappen markiert. Auch hier geht es in erster Linie um Aufklärung, da in der kommunistischen Tschechoslowakei, genauso wie in der Volksrepublik Polen, viele Inhalte aus der Geschichte Schlesiens als Tabu galten.
Text: Dawid Smolorz