Die 5. Bobertaltagung in Bad Flinsberg (Świeradów Zdrój) am 17.-20. September 2020 stattgefunden

Ein Bericht von Jürgen Schwanitz

Historiker, Regionalforscher, Ortschronisten und Genealogen trafen sich bei der Veranstaltung der Stiftung Kulturwerk Schlesien (Würzburg) zum Austausch.

Bereits zum fünften Mal im zweijährigen Rhythmus trafen sich Historiker, Regionalforscher, Ortschronisten und Genealogen beiderseits des Bobertales. Erneut wurde ein ansprechender Mix aus qualitativ hochwertigen Exkursionen und Beiträgen aus Historie, Religionsgeschichte, Kunst und Kultur, Medizin und Technik geboten.

Das Seminar wurde von der ortskundigen Doris Baumert (Stadtoldendorf), die erst zu Jahresbeginn zur Ehrenbürgerin der Boberstadt Lähn (Wleń) ernannt worden war, sowie von Jürgen Schwanitz (Metten) geleitet.

Der Schwerpunktraum war diesmal der Mittelbereich des Bobertales mit dem Gebiet um Löwenberg (Lwówek Śląski) und Greiffenberg (Gryfów Śląski) und entlang des Bobernebenflusses Queis (Kwisa) – konsequenterweise wurde das Tagungshotel “Sudetia” im Kurort Bad Flinsberg am Queis als geeignetes Seminarzentrum gewählt.

Es blieb zunächst Doris Baumert vorbehalten, zur Einführung eine umfängliche Darstellung des Kurbades mit seinen Spezifika in Wort und Bild sowie bei einem eindrucksvollen Rundgang zu präsentieren.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit der Verlesung des Grußwortes von Sylvia Stierstorfer, MdL, der Beauftragten für Aussiedler und Vertriebene der Bayerischen Staatsregierung und des Vorsitzenden des Arbeitskreises Landeshut Dirk Metzig, der bei der geplanten 6. Bobertaltagung (2022) im Großraum Grüssau (Krzeszów) und Landeshut (Kamienna Góra) für den organisatorischen Rahmen verantwortlich sein wird. Beide mussten aus terminlichen Überschneidungen leider absagen.

Nach einer Darlegung der breitgefächerten Forschungsgebiete und Aktivitäten der Teilnehmer stellte Agnieszka Bormann die eindrucksvolle Arbeit des Kulturreferates für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz vor; sie zeichnet u.a. verantwortlich für die Veranstaltungsreihe „Schlesien erfahren“, die auch die Landkreise Hirschberg und Löwenberg betreffen.

Ihr folgte Jürgen Schwanitz mit einer Lebenspräsentation der Heiligen Hedwig, der Schutzpatronin von Schlesien, die auch im Raum um Lähn (Hedwigskapelle) Spuren ihres insbesondere karitativen Wirkens hinterlassen hat.

Danach boten Dr. Jarosław Bogacki (Uni Oppeln/ Opole) und Doris Baumert fundierte Hintergrundinformationen für die nachmittägliche Exkursion zu der Schaffgotsch-Burgruine Greiffenstein (Zamek Gryf) und zur Burg Lehnhaus (Pałac Lenno) sowie zur Bobertalsperre bei Mauer (Pilchowice) und zu Schloss Kleppelsdorf bei Lähn (Pałac Książęcy we Wleniu), vor dem ein unübersehbares Schild vor dortigen zudringlichen Hausgeistern warnt.

Der dritte Seminartag war gekennzeichnet von einer einfühlsamen und kompakten Präsentation von herrschaftlichen Gärten und Parks entlang des Boberunterlaufs (beginnend im Garten und Park von Kloster Grüssau und nachfolgend mit den zahlreichen Gärten im Großraum Hirschberg) durch Prof. Dr. Andreas Klose (Potsdam).

Gewissermaßen einen unterirdischen Kontrapunkt setzte Karolina Wojtucka (Uni Breslau/ Wrocław), die nach ihren früheren Darstellungen zum Galgen in Arnsdorf und den beiden Galgen von Hirschberg von interessanten Erkenntnissen und Ergebnissen aus neueren Aktivitäten der Richtstättenarchäologie insbesondere aus dem Raum Liebenthal (Lubomierz) berichtete. Doris Baumert schloss sich daran mit einer Einführung in die nachmittägliche Exkursion zu Stadt und Rathaus Löwenberg, Schloss Plagwitz und zu Kloster Liebenthal, wo eigentlich schon in diesem Jahr das von Görlitz nach dorthin verlagerte Rübezahlmuseum eröffnet werden sollte. Aus organisatorischen Gründen muss dies nun auf 2021 verlegt werden. Bemerkenswerterweise befindet sich unweit des Seminarortes an der Straße von Bad Flinsberg nach Schreiberhau (Szklarska Poręba) die markierte Stelle für das “Grab” des Berggeistes – ein Grund für diese Zuweisung lässt sich jedoch vor Ort nicht erschließen.

Den Abschluss am Sonntagvormittag bildeten wieder zwei Vorträge. Die polnische Forscherin Dr. Lucyna Biały (Uni Breslau) hatte sich tiefergehend mit der Biographie und dem segensreichen Wirken der herausragenden Hebamme Justina Siegemund aus Rohnstock beschäftigt; in ihrer Abwesenheit präsentierte Agnieszka Dembska (Uni Breslau) das Substrat dieser verdienstvollen Arbeit in Wort und Bild.

Der umtriebige Regionalforscher Ullrich Junker (Bodnegg) beschloss anschließend die Vortragsreihe mit einer Vorstellung der neuesten Aktivitäten hinsichtlich der zügig voranschreitenden Restaurierung des Schaffgotsch-Schlosses Alt Kemnitz und des Denkmals für den von einem Wilderer unterhalb der Hampelbaude erschossenen Förster Wilhelm Frey, dessen fatales Schicksal Theodor Fontane in seinem Roman “Quitt” literarisch verarbeitet hat. Das Schwerpunktthema aber war ein Kompendium der Ereignisse rund um Grunau (Jeżów Sudecki) bei Hirschberg (Jelenia Góra) im Zusammenhang mit dessen herausragender Bedeutung für die Frühzeit und die Entwicklung des Segelflugbetriebes.

Das übereinstimmende positive Fazit der Teilnehmer bei der Schlussbesprechung mündete in die aufmunternde Forderung nach Fortsetzung der Seminarserie mit einem bunten Vorschlagsstrauß an neuen interessanten Themen – und da gibt es wahrlich noch vieles zu erforschen; nach dem Großraum Hirschberg im Jahr 2018 und 2020 Löwenberg geht es 2022 in den Großraum rund um Landeshut.

Von diesem und dem Vorgängerseminar ist wieder die Erstellung eines Seminarbandes mit den gehaltenen und weiteren Ergänzungen geplant; es ist dann der vierte Band, der die Serie der “historischen Spurensuche im Bobertal” (bisher über 1.100 Seiten) fortführen und zeitgerecht zum nächsten Seminar erscheinen wird; Restbestände der bisherigen drei Bände sind über den Verfasser dieses Beitrages beziehbar.

Text: Jürgen Schwanitz
Fotos: Doris Baumert