Synagogen in Oberschlesien – trotz Pogromnacht erhalten geblieben

Die Mehrheit der jüdischen Gotteshäuser in Oberschlesien wurde 1938-39 zerstört

Einige wurden unter interessanten Umständen gerettet…

Die große Mehrheit der jüdischen Gotteshäuser in der Region wurde entweder 1938 während der Reichspogromnacht oder ein Jahr später nach der Besetzung Polnisch-Oberschlesiens durch die deutsche Wehrmacht zerstört.

Einige von ihnen blieben aber verschont, und zwar zum Teil unter interessanten Umständen. Die zwischen 1763 und 1771 erbaute Synagoge in Langendorf/ Wielowieś bei Gleiwitz/ Gliwice gilt als eine der ältesten in Oberschlesien. Am 10. November 1938 schlug eine Gruppe von SA-Männern die Fenster in dem Gebäude ein wollte es in Brand stecken. Schnell erschien aber der Langendorfer Kaufmann Franz Bialek vor Ort und wies sich als Eigentümer der Immobilie aus. Da er den Tätern mit rechtlichen Konsequenzen drohte, verzichteten sie auf die geplante Brandstiftung. Bialek hatte die Synagoge tatsächlich wenige Tage zuvor von der jüdischen Gemeinde erworben und rettete sie so vor der erwarteten Zerstörung durch die Nationalsozialisten. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude, aus dem jüdische Symbole entfernt wurden, als Lagerraum genutzt. Heute hat es keine Funktion.

Verlassene Synagoge in Langendorf. Quelle: Wikimedia Commons, Pimke.

Unversehrt überstand die alte Synagoge in der oberschlesischen Hauptstadt Oppeln/Opole die Novemberpogrome. Auch in diesem Falle war dies den Eigentumsverhältnissen zu verdanken. Als 1897 das imposante neue Gotteshaus auf der Insel Pascheke fertiggestellt wurde, versteigerte die mosaische Gemeinde die alte Synagoge. Sie diente danach lange Zeit als Druckerei des bekannten Oppelner Verlegers Erdmann Raabe. Nach 1945 beherbergte der historische Bau eine Bibliothek, später übernahm ihn die regionale Fernsehredaktion TVP Opole.

Alte Synagoge am Mühlgraben in Oppeln, heute Sitz des regionalen TV-Senders. Quelle: Wikimedia Commons, Kaww.

Die Synagoge in Oberglogau/Głogówek erlitt zwar während der Ausschreitungen im November 1938 starke Schäden infolge einer Brandstiftung, doch wurde sie danach – im Gegensatz zu vielen anderen in der Region – nicht abgetragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude wiederaufgebaut und in eine Lagerhalle umfunktioniert. Nach 1945 mehrmals umgebaut verlor das ehemalige jüdische Gotteshaus seine ursprüngliche architektonische Form. Heute befinden sich darin Wohnungen.

Ehemalige Synagoge in der Oberglogauer Altstadt, heute Wohngebäude. Quelle: Wikimedia Commons, Jacques Lahitte.

In Groß Strehlitz wurde während der Reichskristallnacht die Innenausstattung der Synagoge auf der Straße öffentlich verbrannt. Das Gebäude selbst wurde jedoch nicht angezündet, weil es dicht an anderen Häusern stand. Zwischen 1939 und den 1970er Jahren diente es als Lagerraum. Heute befindet sich darin das städtische Zentrum für Sport und Erholung.

Zwischen 1922 und 1939 lag das ostoberschlesische Pless/Pszczyna im polnischen Teil der Region, wodurch die Ereignisse der „Reichskristallnacht“ keinen direkten Einfluss auf die dortige jüdische Gemeinde hatten. Nach der Besetzung der Stadt durch die deutsche Wehrmacht wurde die Plesser Synagoge im September oder Oktober 1939 angezündet, doch wurde der Brand schnell gelöscht, weil sich das Feuer auf andere Gebäude auszubreiten drohte. Noch während des Krieges wurde das ehemalige Gotteshaus zu einem Kino umgebaut. Diese Funktion behielt das Gebäude auch nach 1945. Heute dient es als Escape-Room-Veranstaltungsstätte.

Ehemalige Synagoge von Pless noch in ihrer Funktion als Kino. Quelle: Wikimedia Commons. Slav.

Text: Dawid Smolorz