Bílá Voda (Weißwasser) in Tschechisch-Schlesien

Interniert am äußersten Rande der Republik

In einer abgelegenen Gegend des tschechoslowakischen Staates richtete das kommunistische Regime aus Prag 1950 ein Internierungslager für Klosterschwestern ein.

Zwei Jahre nach dem kommunistischen Putsch wurde in der Tschechoslowakei zwischen Juli und September 1950 die sog. „Aktion Ř“ („řád“ – tschechisch: „Orden“) durchgeführt. In ihren Rahmen wurden die meisten Klosterschwestern aus ihren Ordenshäusern vertrieben und in mehreren Internierungslagern inhaftiert, wo sie zum Teil Zwangsarbeit leisten mussten. Einige dieser Lager glichen inoffiziellen Haftanstalten. Die Standorte lagen immer weit von den größeren Städten entfernt und in Gebieten, wo es keine starken katholischen Gemeinschaften gab. Die Klöster, aus denen die Schwestern ausgesiedelt wurden, wurden meistens verstaatlicht und anschließend umfunktioniert. In ähnlicher Weise wurden im selben Jahr auch die meisten Männerorden in der Tschechoslowakei aufgelöst (Aktion K).

Kloster Weißwasser vom polnischen Staatsgebiet gesehen. Quelle: wikimedia commons, SchiDD.

In der ersten Phase der „Aktion Ř“ wurden ca. 4.000 Nonen in Internierungslagern inhaftiert. In der zweiten Phase wurde etwa die Hälfte von ihnen noch einmal umgesiedelt und de facto als Zwangsarbeiterinnen in der Industrie, vor allem der Textilindustrie, eingesetzt. 

Das Lager in Weißwasser befand sich in einem ehemaligen Piaristenkloster und -kollegium. Diesen Standort wählten die Kommunisten mit Absicht. Aus ihrer Perspektive eignete sich der Jauerniger Zipfel, in dem Weißwasser liegt, aus mehreren Gründen sehr gut als Internierungsort. Nicht nur liegt diese Gegend fern von größeren urbanen Zentren und wichtigeren Verkehrswegen. Auch ist sie von drei Seiten vom fremden Staatsgebiet umgeben. Äußerst spezifisch war zudem die Lage des Klosters. Es befindet sich nämlich nur einige Dutzend Meter von der Grenze zu Polen, die damals streng bewacht wurde. Das machte die Kontrolle noch einfacher. Nicht ohne Bedeutung war überdies die Tatsache, dass auf beiden Seiten der Grenze, die bis 1938 die Tschechoslowakei und Deutschland voneinander trennte, seit der Vertreibung der Deutschen 1945/1946 fast ausschließlich Zugezogene lebten. Das Lager in Weißwasser, in dem zeitweise bis zu 400 Frauen interniert wurden, existierte bis zur Samtenen Revolution von 1989.

Teil der Ausstellung im Museum der Isolation, Internierung und Integration in Weißwasser. Quelle: wikimedia commons, Kamil Czaiński.

Heute befindet sich im ehemaligen Piaristenkloster ein Museum, welches sich der Vergangenheit des Ortes und der Geschichte des Internierungslagers widmet. Internetpräsenz (Tschechisch): https://www.muzeumbilavoda.cz

Text: Dawid Smolorz