Auf den Spuren von Maestro Kurt Masur

Der berühmte Dirigent war sein Leben lang mit Schlesien verbunden

Familienangehörige von Kurt Masur, Freunde und Mitglieder des Fördervereins Internationales Kurt-Masur-Institut aus Leipzig waren dem bekannten Dirigenten auf der Spur.

Die Teilnehmer der Tour, darunter Masurs Frau Tomoko Sakurai-Masur, seine Tochter aus erster Ehe Caroline Masur und Sohn Ken-David Masur, waren unter anderem in Brzeg (Brieg) wo der Komponist 1927 geboren wurde und seit 1993 bis zu seinem Tod regelmäßig zu Besuch war (z. B. auf den Internationalen Schlesischen Musikfestspielen „Verständigung“), und Wrocław (Breslau).

Kurt Masur war Ehrenbürger von Brzeg (Brieg) und von Wroclaw (Breslau). Foto: Archiv von Rafal Dutkiewicz.

Der Besuch der niederschlesischen Hauptstadt hatte einige Höhepunkte. Dazu gehörte das Konzert „In einem Atemzug“ (Jednym Tchem) im Nationalen Forum für Musik (Narodowe Forum Muzyki, NFM), das Masurs Sohn Ken-David Masur am 10. März 2023 leitete. Er dirigierte Werke zweier Wiener Klassiker, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven, sowie eine Symphonie Robert Schumanns, eines der bekanntesten deutschen Romantiker, dessen Werk die Empfindungen und Ideen seiner Zeit verkörperte.

Der zweite Höhepunkt war der Besuch in der Elisabethkirche, in die nach vielen Jahren die 1976 ausgebrannte Orgel von Michael Engler zurückkam. Mit deren Wiederaufbau ist eine besondere Geschichte über Kurt Masur verbunden, die der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Rafal Dutkiewicz öfter erzählte: Als kleiner Junge kam Kurt Masur einmal mit seiner Mutter von Brieg nach Breslau und nahm mit ihr an einem Orgelkonzert in der Elisabethkirche teil. Dieses Konzert beeindruckte ihn so, dass er Musiker werden wollte. Und so geschah es. „Später tat ihm das Herz so weh, dass diese prächtige Orgel aus dem 18. Jahrhundert durch das Feuer zerstört worden war“, berichtete Dutkiewicz. „Eines Tages schenkte er mir CDs mit dem Ton der Breslauer Orgel – er fand den Klang einmalig – und sagte “Du musst sie wiederaufbauen!‘“ (Diese und andere Geschichten kann man in dem Buch „Der Zauberer von Breslau“ nachlesen). 

Der Traum von Kurt Masur ist in Erfüllung gegangen: Der heutige Oberbürgermeister Jacek Sutryk hat das Werk vollendet – nach vielen Jahren wurde die Orgel am 27. Januar 2022 offiziell in Betrieb genommen. Das konnte der Maestro leider nicht mehr miterleben. Die neue Orgel, die genau nach dem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert nachgebaut wurde, hat 3468 Pfeifen, davon 683 aus Holz. Sie ist ein internationales Werk der Firmen Orgelbau Klais aus Bonn, Manufacture d’Orgues Thomas aus Belgien und Zych Zakłady Organowe aus Wołomin. Der gesamte Prospekt wurde von Künstlern aus Wrocław (Breslau) wiederhergestellt.

Familienangehörige, Freunde und Mitglieder des Fördervereins Internationales Kurt-Masur-Institut an der Tafel von Kurt Masur in der Elisabethkirche.

Seit einem Jahr hat man die sogenannte „Stimme Schlesiens“ wieder. Die Stadt hat eine Konzertreihe initiiert, in der verschiedene Orgelmeister zu hören sind. Die Konzerte sind für alle Interessierten kostenlos.

Eine kleine Kostprobe spielte Orgelmeister Piotr Rojek für die Gruppe, unter anderem ein Werk von Johann Sebastian Bach. Die Zuhörer konnten sich das Instrument genau anschauen, den Klang der Orgel auf der Musikempore hören und später noch einmal von unten aus den Kirchenbänken – genau wie Kurt Masur es als kleiner Junge miterlebte.

Mit Orgelmeister Piotr Rojek auf der Orgelempore.

Die Tafel zu Ehren des Dirigenten hängt in der Vorhalle am nördlichen Seiteneingang. Sie wurde 2016, ein Jahr nach Masurs Tod, in Anwesenheit von Tomoko Sakurai-Masur und Ken-David Masur enthüllt. An der Tafel ließ sich nun die ganze Gruppe fotografieren.

Ein weiterer Punkt der Breslauer Reise war der Besuch im Musiksaal der Universität Breslau, Oratorium Marianum, und in dem schönsten Saal der Universität, der Aula Leopoldina. Hier bekam Kurt Masur 1999 die Ehrendoktorwürde der Karol-Lipinski-Musikakademie verliehen. Seine Frau erzählte, es sei damals ein besonderes Ereignis gewesen: Der Saal war voll. Besonders habe sie überrascht, dass zahlreiche Polen kamen, um den genialen Musiker zu ehren. Das habe sie sehr berührt.

1999 erhielt Kurt Masur in der Aula Leopoldina die Ehrendoktorwürde der Karol-Lipiński-Musikakademie in Wrocław (Breslau).

Am Ende des Breslauer Aufenthalts wurde eine Rundfahrt organisiert. Sie führte am Hauptbahnhof vorbei, an dem der junge Kurt Masur im Alter von 14 bis 16 Jahren jede Woche ausstieg, wenn er von Brieg nach Breslau zum Klavier- und Cellounterricht an der Musikschule fuhr. Es ging vorbei am Ort des ehemaligen Konzerthauses (nicht mehr vorhanden) bis zur alten Philharmonie, wo Kurt Masur Masterklassen führte.

Während seiner langen Karriere dirigierte der Maestro viele Spitzenorchester der Welt: 26 Jahre lang das Gewandhausorchester in Leipzig, elf Jahre war er Musikdirektor der New Yorker Philharmoniker, er leitete das London Philharmonic Orchestra und das Orchestre National de France in Paris.

Im Jahre 2027 wird Kurt Masurs 100. Geburtstag begangen. Für die Vorbereitung der Veranstaltungen zu diesem Jubiläum ist Prof. Michael Kaufmann zuständig. Spätestens in vier Jahren wird man sich also wiedersehen!

Text & Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka