Der Breslauer „Gabeljürge“ kehrt zurück

Der berühmte Neptunbrunnen aus Breslau soll bald wieder auf dem Neumarkt stehen

Die entsprechende Entscheidung wurde vom Stadtrat getroffen.

Der berühmte Neptunbrunnen aus Breslau soll bald auf den Neumarkt (Plac Nowy Targ) zurückkehren. Die entsprechende Entscheidung wurde von dem Stadtrat getroffen. Zurzeit dauern die Gespräche, in welcher Form er dem Publikum präsentiert sein soll. Sehr wahrscheinlich ist es, dass ein neuer Meeresgott anhand der alten Figur angefertigt wird und die originalen Teile auf der Ausstellung im historischen Museum gezeigt werden.

Neben dem Ring (dem Hauptmarktplatz) und dem Salzring, war der Neumarkt der drittwichtigste Platz der Stadt Breslau. Schon im Mittelalter blühte dort das Handelsleben. Um die Tiere zu tränken und Gemüse zu waschen, wurde im 16. Jahrhundert mitten auf dem Platz ein Brunnen aufgestellt. Im Jahre 1732 bestellte der Stadtrat einen neuen, schönen barocken Brunnen, der den Neptun darstellte. Es war ein Werk von dem Steinmetz Johann Adam Karinger, dem Bildhauer Johann Jakob Bauer und Johann Baptist Lemberger, der die dekorativen Elemente am Becken entworfen hat.

Der Meeresgott war nur wenig angezogen, deshalb schockierte er oft das Publikum. Am Anfang musste die Stadt einen Stadtwächter aufstellen, weil der Neptun immer wieder angegriffen wurde. Es entstand sogar ein Spruch „nackt wie ein Gabeljürge“ – das heißt: ohne Geld.

Breslau hatte zwei Gabeljürgen, aber nur der zweite war populär, weil er auf allen Postkarten dargestellt wurde. Der zweite Neptunbrunnen auf dem Neumarkt.

In der Blütezeit der Stadt im 19. Jahrhundert wurde entschieden, den Brunnen zu sanieren. Stattdessen bestellte man aber eine neue Figur: 1874 machte Albert Rachner einen neuen Neptun, der ganz schnell die Herzen der Breslauer erobert hat. Er war dynamischer, hielt den Kopf höher und stolzer zum Himmel und aus seinem Dreizack sprudelte auf eine attraktive Art und Weise das Wasser. Die alte Figur wurde nach Mittel-Langendorf im Kreis Groß Watenberg (Wielowieś Średnia im Kreis Syców) gebracht und im privaten Garten des ehemaligen Stadtrats Leutnant Carl Müller aufgestellt. Und hier für Jahrzehnte vergessen…

Der neue Brunnen wurde schnell akzeptiert und beliebt. Davon zeigt auch eine Menge der Postkarten mit dem Motiv aus dem Neumarkt. Das Denkmal diente als Tribüne für verschiedene Veranstaltungen (Märzrevolution 1848) oder Silvesterfeier (an den Gabeljürgen äußerten die Breslauer ihre Neujahrwünsche). Ab 1903 wurde auf den Neumarkt der berühmte Christkindelmarkt verlegt – früher wurde er auf dem Ring organisiert, was aber wegen des Straßenbahnverkehrs nicht mehr möglich war.

Bis 2022 glaubte man, dass der Brunnen auf dem Neumarkt 1732 hingestellt und 1945 zerstört wurde. So sah der Neumarkt nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges aus.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Neumarkt fast vollständig zerstört. Der Neptunbrunnen auch. Nur einige Teile (u.a. Torso) wurden 2010 bei dem Bau des unterirdischen Parkplatzes gefunden. Nach vielen Jahren – im Dezember 2022 – hat der Breslauer Historiker Dr. Tomasz Sielicki den ursprünglichen Neptun in Mittel-Langendorf (Wielowieś) gefunden. Im Jahre 2023 folgten weitere Untersuchungen und weitere Funde der Bruchteile des Brunnens. Das weckte eine Welle der Diskussionen auf, ob der Brunnen doch nicht auf den Neumarkt zurückkehren soll… Die Entscheidung wurde jetzt getroffen.

Die gefundenen Reste werden von dem Bildhauer Tomasz Rodzinski im Auftrag des Städtischen Museums Breslau (Muzeum Miejskie Wrocław) saniert. Die Frage, die noch aktuell ist, ob die originalen (echten) Reste gezeigt sein sollten? Oder ob man neue Installation mit den Originalteilen präsentiert? Oder lieber völlig neue Neptun-Statue nach altem Vorbild macht? Bald lernen die Breslauer die Antwort kennen. Dass der Neptun zurückkommt, ist sicher. Vor kurzem wurde der Neumarkt begrünt, es wurden auch entsprechenden Anschlüsse für den Brunnen vorbereitet.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka
Alte Postkarten aus der Sammlung der Autorin