Schenkungsvertrag unterzeichnet
Durch die Übergabe an HAUS SCHLESIEN kann die Sammlung als Ganzes zusammen bleiben und auch langfristig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Nach der Vertreibung waren die Schlesier über alle vier Besatzungszonen verstreut – zu dem Verlust der Heimat kam das Auseinanderbrechen von Familien und gewachsenen Gemeinschaften sowie der Verlust des gewohnten sozialen Umfeldes. Deshalb waren die Vertriebenen und Flüchtlingen bestrebt, zügig den Kontakt zu Verwandten, alten Freunden, ehemaligen Kollegen und Nachbarn wieder herzustellen. Neben den Suchmeldungen an Plakatwänden, im Radio und in den nach und nach entstandenen Heimatbriefen, waren es die Heimattreffen, die das Zusammenfinden und die gemeinsame Erinnerung ermöglichten.
Zu Beginn der 1950er Jahre begründeten zahlreiche Städte und Gemeinden in Westdeutschland Patenschaften zu Städten und Kreisen in den ehemals deutschen Ostgebieten. So unterzeichneten die Stadt Siegburg und der Siegkreis am 3. Mai 1953 zwei Urkunden und besiegelten damit die Patenschaft zu Stadt und Kreis Bunzlau. Der Deutsche Städtetag hatte bereits ein Jahr zuvor die „Richtlinien für die Pflege ostdeutscher Kulturwerte und für die kulturelle Betreuung von Heimatvertriebenen“ verabschiedet. Eine Maßnahme in den Richtlinien war die Einrichtung von Heimatstuben. Die Stuben sollten zum einen durch die Rekonstruktion einer gemütlichen und folkloristischen Atmosphäre den Vertriebenen eine emotionale Heimat bieten – hier trafen sich die Vertriebenen, um Erinnerungen auszutauschen und ihre regionalen Bräuche zu pflegen – zum anderen versprachen sich die Paten davon eine Annäherung zwischen „Neubürgern“ und Einheimischen.
In Siegburg besteht seit 1985 die Bunzlauer Heimatstube, die getragen wird von der Bundesheimatgruppe Bunzlau. Über die Jahrzehnte hat sich dort ein große Menge Keramiken angesammelt – darunter wahre Schmuckstücke – aber auch Graphiken, Bücher, Archivalien und zahlreiche Erinnerungsstücke. Viele dieser Exponate erzählen Geschichten von Flucht und Vertreibung, vom Heimatverlust, aber auch von der Bedeutung der Bunzlauer Keramik, der Kunstfertigkeit der Bunzlauer Töpfer und der Geschichte der Stadt und ihrer Umgebung. Mit großem Engagement haben sich die ehemaligen Bunzlauer um diese Heimatstube gekümmert, mehrere Umzüge innerhalb der Stadt mitgemacht, zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt und immer wieder interessierte Besucher empfangen und bei der Suche nach familiären Spuren oder anderen Recherchen unterstützt. Zuletzt stand aber auch die Bunzlauer Heimatstube vor der Frage, die sich viele Heimatstuben stellen müssen: Wie geht es mit der Sammlung weiter, was soll aus ihr werden, wenn die Erlebnisgeneration schwindet und sich keine ehrenamtlichen Bertreuer für die Heimatstube mehr finden lassen? Hinzu kam, dass die von der Stadt zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten mittelfristig einer anderen Verwendung zugeführt werden sollen und ein weiterer Umzug anstünde. Der Vorstand der Bundesheimatgruppe trat daraufhin an HAUS SCHLESIEN heran und kam nach längeren Beratungen, auch mit den Verantwortlichen im Rhein-Sieg-Kreis, zu dem Schluss, dass die beste Lösung für alle Beteiligten und im Sinne der Bewahrung des schlesischen Kulturgutes die Übergabe der Bestände an HAUS SCHLESIEN ist. Am 9. Februar unterzeichneten Peter Börner (Vorsitzender der Bundesheimatgruppe der Bunzlauer) und Nicola Remig den Schenkungsvertrag im HAUS SCHLESIEN.
Durch die Übergabe an HAUS SCHLESIEN kann die Sammlung als Ganzes zusammen bleiben und auch langfristig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Exponate werden aber nicht nur im HAUS SCHLESIEN gelagert und in Ausschnitten präsentiert werden, sondern sollen, um eine möglichst große Breitenwirksamkeit zu erzielen, auch in anderen Museen gezeigt werden. Hierzu strebt HAUS SCHLESIEN eine enge Zusammenarbeit mit dem Keramikmuseum in Bunzlau an, das nicht nur Exponate in Sonder- und Dauerausstellung präsentieren möchte, sondern auch dem Forschungsauftrag der Museen folgend, zur wissenschaftlichen Erschließung der Sammlung beitragen möchte. Auch das Stadtmuseum Siegburg wird, ebenso wie der Rhein-Sieg-Kreis, repräsentative Dauerleihgaben erhalten, um die Erinnerung an die Bunzlauer Töpferkunst und den wirtschaftlichen und kulturellen Beitrag der Heimatvertriebenen in der Patenstadt aufrecht zu erhalten.
Silke Findeisen