Der Breslauer Maximum-Triebwagen, Baujahr 1901, wurde Anfang Juni im Straßenverkehr getestet
Die einstündige Probefahrt hat das Fahrzeug erfolgreich gemeistert.
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren auf Breslauer Gleisen 50 Maximum-Triebwagen im Einsatz. Durch eine merkwürdige Laune des Schicksals ist das allerletzte Stück bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Beinahe ein halbes Jahrhundert lang stand das Altfahrzeug in einer Kleingartenkolonie in Smolec/ Schmolz und wurde als Gartenhäuschen genutzt. In den 1990er wurde es an die Stadt Breslau übergeben. Anfänglich fehlte das Geld für dessen Wiederaufbau.
Das Blatt wendete sich aber 2013, als der Projektvorschlag, die Oldtimer-Straßenbahn zu sanieren, im Breslauer Bürgerbudget als Gewinneridee mit aufgenommen wurde. Damals konnten lediglich die Arbeiten am Fahrgestell durchgeführt werden. 2018 gewann die Sanierung der historischen Straßenbahn an Schwung, nachdem finanzielle Mittel aus dem städtischen Haushalt bereitgestellt wurden. So konnten beide Drehgestelle wiederaufgebaut werden.
Im Folgejahr 2019 wurde die Funktionsfähigkeit der elektrischen Anlage wiederhergestellt und das Fahrzeug war nun bereit, sich aus eigener Kraft auf Gleisen fortzubewegen. Im Zuge der gerade stattfindenden vierten Sanierungsphase werden Arbeiten im Innenraum durchgeführt, damit der Wagen seine alte Pracht zurückgewinnen kann.
Planmäßig sollen noch in diesem Jahr Verglasungsteile, Wandleuchten, Plattformbeleuchtung und Messingteile montiert werden. Der Mechanismus für Schiebetüren im Wageninneren einschließlich Türgriffen und Schiebetürschlössern wird nachgebaut werden. Das Ambiente soll durch die aus Mahagoni- und Eschenholz gefertigte Inneneinrichtung, d. h. Holzboden, Holzvertäfelung und hölzerne Längsbänke, abgerundet werden. Die gesamte Innenausstattung wird sachgerecht in Anlehnung an einen für die Sanierungsarbeiten entwickelten Plan nachgebaut. Zur Verfügung stehen auch Archivfotos.
Ende Mai wurde die Oldtimer-Straßenbahn bedingt zum Straßenverkehr zugelassen, Anfang Juni erfolgte die Probefahrt. Um das Breslauer Originalrelikt nicht auf Kollisionskurs zu schicken, fand die Probefahrt spät in der Nacht statt, nachdem die letzte Straßenbahn im Liniendienst ins Depot gefahren war. Als Trambahnfahrer standen am Steuer (im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Fahrer arbeitet im Stehen) Mitglieder des Vereins Freunde des Stadtverkehrs (Klub Sympatyków Transportu Miejskiego): Krzysztof Kokot und Tomasz Paszko. Es bleibt ein Rätsel, wie schnell das Fahrzeug fuhr. Ein Tacho fehlt. Vor 119 Jahren waren Gerätschaften wie etwa ein Geschwindigkeitsmesser noch nicht eingebaut worden. Im Führerstand gibt es nur drei Hebel. Das ist alles.
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Der Maximum-Wagen ähnelt ein bisschen einem alten Schiff. Er verfügt über keine Frontverglasung und der Fahrer sieht so aus, als stünde er auf einer Kapitänsbrücke.
Künftig soll der historische Straßenbahnwagen zu Sonderfahrten unterwegs sein. Jetzt aber muss er zurück ins Straßenbahndepot Popowice in der Legnicka-Straße, damit der Wiederaufbau fortgesetzt werden kann. Sobald der Innenausbau abgeschlossen ist, geht die Erneuerung in die nächste Phase: Ausführung aller Lackierarbeiten.
Bis dato hat die Stadt Wrocław für die Sanierung des Maximum-Wagens ca. 1,5 Mio. Zloty ausgegeben.
Text & Bilder: www.wroclaw.pl
Übersetzung: Jowita Selewska