Prälat Carl Ulitzka (1873-1953) – ein Geistlicher und Politiker, der in die nationalen Schemata des 20. Jahrhunderts nicht passte
In den Zeiten der Weimarer Republik gehörte Ulitzka zu den wichtigsten Persönlichkeiten des politischen Lebens in Oberschlesien.
In den Zeiten der Weimarer Republik gehörte Carl Ulitzka zu den wichtigsten Persönlichkeiten des politischen Lebens in Oberschlesien. Als nach dem Ersten Weltkrieg über die staatliche Zugehörigkeit Oberschlesiens entschieden werden sollte, engagierte sich Carl Ulitzka, der katholische Pfarrer von Ratibor-Altendorf/ Racibórz-Stara Wieś, mit ganzem Einsatz für den Verbleib der Region beim Deutschen Reich. Er war überzeugt, dass das Land – obwohl nach der Volkszählung von 1905 mehr als die Hälfte seiner Einwohner einen polnischen Dialekt als Muttersprache sprachen – aufgrund der geschichtlichen Entwicklung Teil des deutschen Kulturraumes war und mit Deutschland vereint bleiben sollte.
Während des Abstimmungskampfes 1920/1921 lancierte er sein Idealbild von Oberschlesien als einer mit breiter Autonomie ausgestatteten Region des Deutschen Reiches, in der die Rechte der slawischsprachigen Bevölkerung respektiert würden. Das postulierte „Reichsland Oberschlesien“ ist zwar am Ende nicht entstanden, doch auch die Gründung einer von der Breslauer Verwaltung unabhängigen, separaten preußischen Provinz mit Hauptstadt Oppeln war damals ein Erfolg. Als eines der führenden Mitglieder der Zentrumspartei, der stärksten politischen Gruppierung der Region, repräsentierte Carl Ulitzka zwischen 1920 und 1933 Oberschlesien im Reichstag. Sein Ziel war immer, das Land vor der Loslösung von Deutschland und vor weiteren nationalen Konflikten zu schützen. Während er in den Zeiten der Weimarer Republik mit seinem Engagement für die polnischsprachige Seelsorge nur Kritik vonseiten seiner politischen Gegner riskierte, machte er sich damit nach dem Januar 1933 zum Feind der neuen, nationalsozialistischen Machthaber. Es ist kurios und absurd, dass ein Mann, der zum deutschen Sieg bei der Volksabstimmung von 1921 zweifellos beigetragen hatte, nun von den braunen Genossen als „polnischer Hund“ bezeichnet wurde. Im Juli 1939 wurde Ulitzka schließlich aus Schlesien ausgewiesen. Bis zu seiner Einweisung in das Konzentrationslager Dachau, die 1944 nach dem Attentat auf Hitler erfolgte, lebte er in Berlin.
Nach Kriegsende arbeitete er zunächst als Seelsorger ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter und polnischer KZ-Häftlinge im Westen Deutschlands. Für eine kurze Zeit kam er in demselben Jahr nach Ratibor zurück, doch schnell musste er feststellen, dass es im polnisch gewordenen Oberschlesien für ihn keinen Platz mehr gab. Angesichts von Morddrohungen verließ er die Heimatregion und ging nach Berlin, wo er sich neben der seelsorgerischen Tätigkeit für die neu gegründete CDU engagierte. Er starb im Oktober 1953 in Berlin.
Text: Dawid Smolorz