Ein Oberschlesier aus Gleiwitz in Australien (in den 1850er Jahren)

Vom gelernten Bergbauingenieur zum Australienforscher

In Australien war Wilhelm von Blandowski als Naturforscher bekannt, in die Geschichte Oberschlesiens ging er als Fotograf ein.

Wilhelm von Blandowski (1822-1878) wäre viel lieber seinem Beruf nachgegangen oder Offizier der preußischen Armee geworden. Da ihm aber – wahrscheinlich wegen seines politischen Engagements während des Völkerfrühlings – manche Möglichkeiten versperrt blieben, nutzte er den Auftrag eines reichen Hamburgers und begab sich auf eine Reise nach Australien. Während seines zehnjährigen Aufenthaltes auf Antipoden unternahm er mehrere, zum Teil lange und gefährliche Expeditionen, bei denen er bisher unbekannte Gegenden dieser britischen Kolonie erforschte. Besonders interessiert war er an der Geologie, Fauna und an den autochthonen Einwohnern des Kontinents. Schnell erlangte er den Ruhm eines großen Kenners des größtenteils ja noch unbekannten Landes. Der Gleiwitzer war unter anderem Mitbegründer der Geological Society of Victoria und der erste Wissenschaftler, der an das Victorian Museum in Melbourne berufen wurde. Blandowskis Opus magnum ist der nach seiner Rückkehr in die Heimat 1862 herausgegebene Bildband „Australien in 142 photographischen Abbildungen”, der heute – auch in elektronischer Form – in der Sammlung der Berliner Staatsbibliothek zugänglich ist.

In den Beständen des Museums Gleiwitz (Muzeum w Gliwicach) befinden sich dagegen zwei Alben  mit mehr als 1.300 Aufnahmen, die Blandowski in den 1860er Jahren gemacht hat. In erster Linie handelt es sich dabei um Porträts, es fehlt aber auch nicht an Ansichten aus Gleiwitz und Umgebung. Wohl als erster Fotograf dokumentierte Wilhelm von Blandowski auf einem Bild die lebendige Multikulturalität Oberschlesiens. Eine Aufnahme aus den 1860er Jahren zeigt ein Bürgerhaus – höchstwahrscheinlich am Gleiwitzer Ring – an dem neben mehreren deutschsprachigen Schildern und Werbeinschriften auch eine Reklame in polnischer Sprache zu sehen ist: „Skład gotowej garderoby męzkiej” (sic!) [Lager fertiger Männer-Wäsche]. Sowohl die vielfältige Fotosammlung als auch Blandowskis australischer Nachlass wurden in den vergangenen Jahren unter anderem im Rahmen von Ausstellungen und Publikationen des Museums Gleiwitz dem breiten Publikum präsentiert.

Text: Dawid Smolorz