Es hat aber wenig Grund zu feiern:
Wegen finanzieller Schwierigkeiten soll es die Stadt verlassen. Es gibt auch Wiederstand.
In Breslau/ Wrocław gibt es zwei Museen, die nur einmal in Polen vertreten sind: das Architekturmuseum und das Post- und Telekommunikationsmuseum. Das zweite hätte vor kurzem (am 25.01.2021) ein rundes, 100-jähriges Jubiläum feiern können. Aber es hat keinen Grund zu feiern. Wahrscheinlich war das sein letzter Geburtstag. Für den Träger des Museums, das Marschallamt der Wojewodschaft Niederschlesiens, sind 2 Millionen Zloty jährlich für die Unterhaltung des Museums zu viel und deshalb sollen die Exponate nach Lüben/ Lubin (etwa 100 km nordwestlich von Breslau, 30 km nördlich von Liegnitz/ Legnica) verlegt und ein Teil des dortigen Museums werden.
Viele sind damit nicht einverstanden: man ist der Meinung, das Museum braucht eine tiefgehende Modernisierung und Reorganisation, aber keinen Umzug. Leider hat niemand die Idee, wie man das Problem lösen soll. Die Stadt Breslau kann sich jetzt in der Pandemie-Zeit nicht leisten, das Museum unter seine Flügel zu nehmen und bessere finanzielle Bedingungen zu bieten. Auch die Polnische Post, die Eigentümerin des Gebäudes, in dem sich das Museum befindet, ist nicht daran interessiert, das Museum zu übernehmen. Obwohl es ideal passen würde: in dem Gebäude befindet sich ja das Postamt, das im Jahre 1950 als Postamt Nr. 1 eröffnet wurde. Aber die Polnische Post hat selbst große Probleme. Es ist also möglich, dass das Museum in absehbarer Zeit aus der Breslauer Kulturlandschaft verschwindet.
Das Post- und Telekommunikationsmuseum wurde 1921, kurz nachdem Polen seine Unabhängigkeit infolge der Neuordnung Europas nach dem Ersten Weltkrieg gewonnen hatte, in Warschau/ Warszawa gegründet. Die ersten Exponate wurden spontan von vielen Polen gesammelt und dem Museum geschenkt. Im Jahre 1956 wurde es nach Wrocław verlegt und seit dieser Zeit hat es seinen Sitz in dem Gebäude des ehemaligen Postcheckamtes mitten im Stadtzentrum. Das prächtige Gebäude wurde in den Jahren 1927-1929 von dem Postbaurat Lothar Neumann entworfen und auch ausgeführt. Es wurde auf dem Gelände des ehemaligen Militärfriedhofs an der Feldstraße (heute ul. Krasińskiego) gebaut, wo u.a. Carl Philipp Gottlieb Clausewitz bestatet wurde (der Friedhof wurde früher verlegt). Weil das Gelände sumpfig war, wurden vor dem Bau des Postcheckamtes 1700 Betonpfähle in die Erde eingesenkt.
Der 142 Meter lange Bau besteht aus drei Teilen: einem Hochhaus, einem Mittelbau und einem Wohnbau, in dem sich früher fünf Wohnungen befanden. Der 43 Meter hohe Turm hat dazu beigetragen, dass das Gebäude zum „ersten Hochhaus im Osten Deutschlands“ wurde. Der Turm ist ein Eisenbetonfachwerkbau, der Rest des Gebäudes ist Ziegelbau. Das Gebäude hatte viele praktische Lösungen: in den oberen Räumen des mittleren Gebäudeteiles befand sich eine Kantine, Speiseräume und ein Rauchzimmer für Angestellte. Es gab auch einen Dachgarten, der zur Erholung diente.
An der Fassade sind 20 Medaillons von dem Berliner Künstler Felix Kupsch zu sehen: man erkennt hier einen Bildhauer und zwei Architekten: einen mittelalterlichen und einen neuzeitlichen, Szenen aus dem Leben der Stadtbewohner, Postboten und Postillione aus verschiedenen Jahrhunderten. Das Gebäude eignet sich wunderbar als Sitz des Postmuseums.
Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka
Mehr Informationen zum Museum finden Sie hier.