Über die Ereignisse des 31. August 1982 in Lubin (Lüben)
In den 1980er Jahren galt Niederschlesien als Hochburg der demokratischen Opposition in Polen.
Auch nach der Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 durch Moskaus Statthalter in Polen, General Jaruzelski, kam es in Wrocław (Breslau) und in anderen Städten der Region des Öfteren zu antikommunistischen Demonstrationen. Eine von ihnen fand am 31. August 1982 in Lubin (Lüben) statt, dem 25 km von Legnica (Liegnitz) entfernten wichtigen Zentrum des 20 Jahre zuvor erschlossenen Kupfergebiets. Die Einwohner der Stadt wollten damit an den zweiten Jahrestag der Gründung von „Solidarność“ erinnern – der neun Monate zuvor für verboten erklärten einzigen freien Gewerkschaft im Ostblock – und gegen die kommunistische Versklavung protestieren. Der Sicherheitsdienst war auf eine Kundgebung vorbereitet. Bereits seit den frühen Nachmittagsstunden befanden sich im Stadtzentrum ca. 120 Angehörige der ZOMO, der wegen ihrer Brutalität verhassten Sondereinheiten der Bürgermiliz (Volkspolizei). Die ca. 5.000 Demonstranten, die sich auf dem Ring von Lubin versammelten, verhielten sich ruhig. Sie legten ein Kreuz aus Blumen nieder, ein Vertreter der lokalen Organisation der „Solidarność“ hielt eine Rede und anschließend wurde die Nationalhymne gesungen. Dennoch rief der Kommandant der Bürgermiliz die Versammelten dazu auf, den Ring umgehend zu verlassen. Als sie dem nicht Folge leisteten, kam es zu einem ersten Versuch, die Demonstrationen durch Einsatz von Tränengasgranaten zu zerschlagen. Die Menge antwortete darauf mit Steinen und Zurufen „ZOMO – Gestapo“.
Kurze Zeit später erhielten die Sicherheitskräfte einen Nachschub aus Legnica. Nach dieser Verstärkung eröffneten die Milizen der ZOMO das Feuer auf die mittlerweile zerstreuten Gruppen von Demonstranten. Zum Teil handelte es sich dabei nicht um vereinzelte Schüsse, sondern um Dauerfeuer. Beschossen wurden auch die Fenster von mehreren Wohnhäusern. Überdies wurde aus fahrenden ZOMO-Fahrzeugen auf Menschen geschossen. Infolge dieser brutalen Machtdemonstration starben drei Einwohner. Elf Menschen, darunter Unbeteiligte, wurden schwer verletzt. Straßenkämpfe dauerten in Lubin bis in die späten Abendstunden des 31. August und an zwei folgenden Tagen. Der Widerstand der Bürger wurde erst gebrochen, nachdem ca. 1.000 Angehörige der ZOMO aus ganz Polen in die Stadt geschickt worden waren. Insgesamt 350 Menschen wurden im Zusammenhang mit diesen Ereignissen von den Kommunisten verhaftet.
Die Hauptverantwortlichen für dieses Verbrechen wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Rechtskräftige Urteile wurden nach der politischen Wende lediglich gegen drei Offiziere der Bürgermiliz erlassen, die die Aktion in Lubin geleitet hatten. 1992 wurde in einer Parkanlage in der Innenstadt ein Denkmal für die Opfer des Massakers von Lüben enthüllt.
Text: Dawid Smolorz