In Dirndl und Lederhosen auf Schlesiens größtem Oktoberfest

Gut 16.000 Einwohner zählt das oberschlesische Städtchen Krappitz (Krapkowice), das auf halbem Wege zwischen Oppeln und Gleiwitz liegt

Hier, so sagt man, findet das größte Oktoberfest Schlesiens statt.

Mehrere hundert Gäste sind am Samstag, dem 15. Oktober, dabei, als es heißt: O zapft is! Sie kommen nicht nur aus den umliegenden Dörfern, auch aus der Woiwodschaftshauptstadt sind sie angereist, einige sogar aus der Bundesrepublik. Viele sind in Tracht gekleidet, bei den Herren klassisch in Lederhose oder Janker. Die Damen zeigen sich im feschen Dirndl, die einen ganz traditionell und bis über die Knie (nur das sei das einzig echte, sagen Kenner), andere mögen es lieber kurz, in moderner Brokat-Optik, dazu die beliebte Flecht-Frisur oder das Haar mit einem Blumenkranz geschmückt. Den Anstich machen der zum Wahlkomitee der Deutschen Minderheit gehörende Bürgermeister Andrzej Kasiura und der Vorsitzende des Dachverbandes der Deutschen in Polen, Rafał Bartek – beide ebenfalls in Tracht.

Besonders viel Humor beweist ein Bayern-München-Fan im roten Trainingsanzug mit dem Logo seines Lieblingsvereins darauf. Auch die Bank, an der er sitzt, ist eigens mit einer Bayern-München-Tischdecke bezogen. Herausgeputzt ist heute auch die Sporthalle, wo das Fest ausgetragen wird. Leinwände mit Motiven oberschlesischer Landschaften zaubern eine wohlige Gemütlichkeit. Prosit! Wer das kühle Blonde nicht aus dem Plastik-Becher mag, hat in weiser Voraussicht den eigenen Maß-Krug mitgebracht. Dazu gibt es Schweinshaxen mit Sauerkraut. Lebkuchenherzen dürfen auch nicht fehlen – und für alle Damen im Dirndl gibt es die sogar umsonst. Ein Bier umsonst gibt es für den Sieger des Bierkrug-Wettstämmens. Mit einem Arm eine Maß halten, so lange wie möglich. Erster wird schließlich Rafał aus Leschnitz und strahlt über den Erfolg. „Ist ganz schön schwer geworden“, sagt er.

Schlesische Blaskapellen und attraktive Solistinnen ziehen mit beliebten deutschen Schlagern wie „Die Hände zum Himmel“, „Herzilein“ oder „Ein Bett im Kornfeld“ die Menschen aufs Tanzparkett. Wer lieber sitzen möchte, hakt sich beim Tischnachbarn ein und schunkelt mit. Sängerin Karolina Trela wird von einem Fanclub überrascht, der sich sogar mit passenden Plakaten präpariert hat. Die 31-Jährige zählt zu den beliebtesten und meist gespielten Interpretinnen in dem schlesischen Radio „Radio Silesia“. Sie präsentiert ihre Lieder auf Deutsch und Schlesisch und konnte im letzten Jahr sogar im Schweizer Fernsehen Erfolge feiern. „Für mich ist es das Größte, den Menschen mit meiner Musik eine Freude zu machen“, sagt sie.

Viel zu zeitig kommt für viele das Ende, schließlich gibt es nach zwei Jahren Corona-Zwangspause einiges nachzuholen.  Doch es nützt nichts. Die Kapelle kündigt das letzte Lied an, dann versiegt die Musik, das Licht wird ausgeknipst und wie Aschenputtel im Märchen verlassen die Gäste das Fest um Mitternacht. Bis zum nächsten Jahr.

Text & Bilder: Marie Baumgarten