Nach langer Recherche gelang es dem Regionalisten Ullrich Junker, die rätselhaften Buchstaben zu interpretieren
Ein Plädoyer für Epitaphien als ein wichtiges Zeugnis der Stadtgeschichte.
Die Epitaphien an der katholischen Kirche St. Pankratius und Erasmus sind ein wichtiges Zeugnis der Hirschberger Stadtgeschichte. Etliche dieser alten Gedenksteine sind über 300 Jahre, einige sogar über 400 Jahre alt. Und so können wir uns freuen, dass nahezu alle Texte, wenn auch mit vielen Mühen, noch lesbar sind. Als der Friedhof geschlossen wurde, wurden die einzelnen Epitaphien an der Kirchenaußenwand befestigt. Viele von ihnen verwendete man leider als Straßenpflaster. Die Transkriptionen der jeweiligen Epitaphien wurden vom Verfasser dieses Textes bereits im Jahr 2008 veröffentlicht. Adolf Andrejew hat die Texte ins Polnische übersetzt und 2009 veröffentlicht.
Eine Relief-Steinplatte an der Kreuzkapelle konnte nicht identifiziert werden, da auf ihr nur die Buchstaben „P“ und „C“ und dazwischen ein Wappen dargestellt sind.
Die Kreuzkapelle wurde erst 1720 an die Hauptkirche von St. Erasmus und Pankratius angebaut. Nachfragen beim Landeskonservator und Heimatforscher zu der rätselhaften Tafel brachten leider kein Ergebnis. Erfreulicherweise konnte im Mausoleum an der Klosterkirche in Grüssau (Krzeszów) an der Tumba von Bolko II ein Wappen mit drei Pfeilen, das der Zedlitz und das Ursprungswappen der Schaffgotsch entdeckt werden.
Mit der Beschreibung dieser Tumba in den „Schlesischen Fürstenbildern“ von Hermann Luchs konnte der Name mit der Inschrift „Bolz“ zu diesem Wappen ermittelt werden. Die unterschiedlichen Wappengrößen warfen weitere Fragen auf. Das „Bolz“-Wappen war das größte, das der „Schaffgotsch“ ca. 2/3 so groß und das „Zedlitz“-Wappen nur halb so groß. Spricht die Wappengröße für die damalige Wichtigkeit dieser Familien?
Zurück zum Wappenstein an St. Erasmus und Pankratius. In den Chroniken von Hirschberg (Jelenia Góra) konnte die Familie Bolcze, Bolz (Polz) nicht nachgewiesen werden. Im Zedler-Lexicon (Johann Heinrich Zedlers Großes vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, 1731-1754) wird die Familie Boltz als eine uralte adlige Familie in Schlesien genannt, deren Stamm-Haus das im Jauerischen Fürstentum gelegene Schloss Boltzenstein sei. Anno 1369 war Ericus (Clericus) von Boltz Burg-Graf zu Falckenstein.
Aus der Chronik „Schloss Fischbach und seine Besitzer“: Das Geschlecht Boltz, Bolz oder Polz, ist polnischer Abkunft, und soll mit der Piastischen Dynastie nach Schlesien gekommen seyn. Es war auch sehr angesehen bei dieser. Ein Nicol Boltz kommt in Urkunden häufig als Hofmeister der Herzogin Agnes von Schweidnitz und Jauer und als Burggraf des Hornsberges vor. Ob es derselbe war, welcher Fischbach besaß? Clericsa (Erich) Boltz, vielleicht der Vater oder Bruder des Nicol zu Fischbach, erscheint neben jenem Hofmeister in einer Urkunde des böhmischen Königs Wenzel vom Jahre 1369 als Burggraf der, von dem Herzoge von Schlesien, Heinrich dem Bärtigen, angeblich 1207 aus Trümmern neuerbauten Feste Falckenstein. Ihm wird die Gründung einer Colonie (die Polzenhäuser) im Fischbacher Tale zugeschrieben. Der Hauptsitz der Familie Polz in Schlesien, war unstreitig der Polzenstein, oder das Bolzenschloß bei Jannowitz im Riesengebirge.
Einen weiteren Hinweis geben die Landbücher von Schweidnitz Jauer von 1366-1376, 1385- 1396 und 1396-1407. Hier sind die meisten Urkunden von der Familie Bolz aufgeführt, gefolgt von Schaffgotsch und Zedlitz. Die Familie Bolz war danach die bedeutendste Familie in dieser Region.
Clericus Bolcz wurde von Herzogin Agnes (Witwe von Bolko II) mit den Kupfergruben von Kupferberg belehnt. So bestätigt Herzogin Agnes den Kauf von Waltersdorf auf dem Kupferberge und den dritten Teil des Urbars gegen Fischbach von Heinrich Beyer an Clericus Bolczen am Sonntag nach Martini 1370 (17.11.1370). In einer zweiten Urkunde bestätigt Herzogin Agnes den Kauf des halben Teiles an dem Kopferberg zu Waltersdorf, ebenfalls von Heinrich Beyer an Clericus Bolczen am Tage der heiligen Dorothea 1371 (6.2.1371). 1372 erwarb er von Albrecht Beyer das Dorf Seiffersdorf und in einer dritten Urkunde verkauft Albrecht Beyer um 1374 Clericus Bolczen den Rest. Auch Jannowitz gehörte dem Clericus Bolcz. 1375 hat Clericus Bolcz das Gut Jannowitz seiner Frau Martha zum Leibgedinge gegeben.
Fragen und Hinweise zum Epitaph des Clericus Bolcz
Wie kann es sein, dass Clericus Bolcz (die Buchstaben P unc C stehen für Polz Clerikus) sein Epitaph an der Kirche St. Pancratius und Erasmus bekam, obwohl er auf dem Bolzenschloß, bzw. Jannowitz, Kupferberg und Waltersdorf daheim war und vor 1400 verstorben ist?
Clericus Bolcz muss einen guten Kontakt zum Pfarramt St. Pankratius und Erasmus oder zur Stadt Hirschberg gehabt haben. Wo kann diese Steintafel zunächst aufgestellt worden sein? Was war der Anlass, diese Steintafel um ca. 1720 an die neuerbaute Kreuzkapelle anzubringen?
In der Chronik von Warmbrunn von Bergmann steht folgende Eintragung: 1456 wurde auch in Warmbrunn das Morgen-, Mittag- und Abendgeläute eingeführt, um dadurch ein Zeichen zum Gebete zu geben. Die älteste erhaltene Glocke in Deutschland ist von ca. 1050. Glocken waren über Jahrhunderte immer aus Bronze. Und Bronze enthält mindestens 60% Kupfer. Es liegt die Vermutung nahe, das Clericus Bolcz das Kupfer für den Glockenguss gestiftet hat.
Text & Bildmaterial: Ullrich Junker