Rochus Witton veröffentlichte seine Erinnerungen pünktlich zu seinem 90. Geburtstag
Der aus Schlesien stammende Autor stand immer zu seinen schlesischen Wurzeln.
„Über Brücken“ ist Monsignore Rochus Witton immer wieder in seinem langen Leben gegangen. Als Junge kam er durch die Flucht aus Schlesien über Umwege ins Rheinland und fand im Erzbistum Köln eine neue Heimat. Seit seiner Priesterweihe 1959 wirkte er mehr als 60 Jahre als Seelsorger in der Stadt Köln. Als Kaplan in Zollstock, als Religionslehrer am Kaiserin-Theophanu-Gymnasium in Kalk, schließlich über 30 Jahre als Pfarrer an St. Nikolaus in Sülz. Dabei ging er stets „über Brücken“, um den Menschen weit über den eigenen Kirchturm hinaus nahe zu sein: in der Ökumene, in der Begleitung Schwerkranker auf Lourdes-Wallfahrten, nicht zuletzt als „Generalfeldhilliger“ des Kölner Karnevals-Traditionscorps der Altstädter.
Pünktlich zu seinem 90. Geburtstag legt er nun seine Memoiren vor. Es sind die Erinnerungen eines Kölner Priesters mit schlesischem Herzen, der seine in der Kindheit grundgelegte Lebensentscheidung reflektiert und ein eindrucksvolles Zeugnis eines erfüllten Priesterlebens gibt. (Klappentext)
Dr. Inge Steinsträßer (Bonn) hat gemeinsam mit Prof. Michael Hirschfeld (Vechta) die Entstehung des Buches betreut und schreibt für SILESIA News ihre Empfehlung:
Der Autor, geb. am 28.September 1932 in Strehlen/ Niederschlesien, heute Strzelin in Polen, blickt auf neun bewegte Lebensjahrzehnte zurück, die ihn von seinem Geburtsort in Schlesien nach Köln führte. In einem einführenden Kapitel von Prof. Dr. Michael Hirschfeld, Vechta, erhält der Leser einen Überblick über die Geschichte Strehlens und des Erzbistums Breslau sowie in einem ergänzenden Beitrag von Dr. Inge Steinsträßer, Bonn, eine Zusammenfassung der Nachkriegsgeschichte des Erzbistums Köln bis zur Gegenwart.
Rochus Witton beschreibt eingangs seine behütete Kindheit in einer katholischen Familie in einer überwiegend protestantischen Umgebung. Seine ersten Lebensjahre fielen in die ausgehende Weimarer Republik und den Beginn des nationalsozialistischen Regimes, welches auch in Strehlen seine unheilvolle Wirkung nicht verfehlte.
Krieg, Flucht und Vertreibung riss die Familie 1945 auseinander. Nach einem fast zweijährigen Aufenthalt in Zittau/Sachsen folgte für den Jungen eine abenteuerliche Flucht über die grüne Grenze nach Königstein/Taunus, wo er eine Zeit lang als Gymnasiast im Königsteiner Schülerkonvikt, einem Internat für heimatvertriebene Kinder und Jugendliche, zubrachte.
Die Familie fand im Jahre 1950 ihren neuen Lebensmittelpunkt im rheinischen Brühl (Erzbistum Köln). Nach dem Abitur 1953 entschloss sich Witton in einer lang herangereiften Entscheidung, sein Theologiestudium nicht an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn zu beginnen, sondern nach Königstein zurückzukehren, um sich nach Studienabschluss an der dortigen Philosophisch-Theologischen Hochschule auf das alte Erzbistum Breslau weihen zu lassen. Die Hochschule (geschlossen 1978) knüpfte an die Tradition der theologischen Studienstätten von Breslau, Prag, Braunsberg und Weidenau an.
Die politischen Verhältnisse in der damaligen DDR vereitelten jedoch die Absicht, in die Seelsorge der Apostolischen Administratur Görlitz einzutreten, so dass er mit der Priesterweihe 1959 Diözesanpriester der Erzdiözese Köln wurde.
Seit der Priesterweihe wirkte Witton mehr als 60 Jahre als Seelsorger in der Stadt Köln, als Kaplan in Zollstock, als Religionslehrer am Kaiserin Theophanu-Gymnasium und schließlich über 30 Jahre als Pfarrer an St. Nikolaus in Köln-Sülz, eine Lebensaufgabe, die ihn Heimat finden ließ. „Heimat bedeutet ja, sich zu Hause wissen, heißt, ausruhen können, Kraft schöpfen, neue Aufträge anzunehmen, mit Menschen vertraut zusammen sein zu können“, heißt es in seinen Erinnerungen. Nicht zuletzt übernahm er über viele Jahre die Leitung der „Schlesischen Maiandachten“ in der Kölner Wallfahrtskirche St. Maria in der Kupfergasse, eine Aufgabe, die ihm als gebürtigem Schlesier besonders am Herzen lag.
Nicht unerwähnt werden darf auch Wittons Funktion als „General-Feldhillijer“ des Kölner Traditionscorps der „Altstädter im Kölner Karneval 1922 e.V.“- wo er nicht nur karnevalistisch, sondern vor allem auch über 40 Jahre lang pastoral wirkte. Ausdrucksvoller kann ein Brückenschlag zwischen Ost und West, zwischen Schlesien und Köln, nicht zur Geltung gebracht werden.
Wie der Autor selbst von sich sagt, ist aus dem „alt gewordenen schlesischen Priester“ letztlich ein „alt gewordener Kölner Priester“ mit schlesischem Herzen geworden. Die persönlichen Erinnerungen, bebildert und reich an Fakten der erlebten Zeitgeschichte und des kirchlichen Geschehens, lassen prägende familiäre Bezüge, persönliche Freundschaften und Kontakte mit den handelnden Verantwortlichen der katholischen Kirche und Institutionen in Köln sowie weltweit, deutlich werden.
Der Autor lebt heute im Ruhestand im Mutterhaus der Cellitinnen (Augustinerinnen) in Köln-Lindenthal.
Rochus Witton: Lebenserinnerungen eines Kölner Pfarrers, Buch, 144 Seiten. 2022 J.P. Bachem Verlag 978-3-7616-3443-1 (ISBN) 19, 95 €.
Text: Inge Steinsträßer