Polnisches Parlament ohne die deutsche Minderheit

Am 15. Oktober haben Polen ihre politischen Vertreter in Sejm und Senat gewählt

Erstmals seit 1991 werden die Deutschen in Polen keinen Vertreter im Warschauer Sejm haben.

Angesichts der starken Polarisierung des politischen Lebens hätten viele Angehörige der deutschen Minderheit bei der Parlamentswahl am 15. Oktober vor dem Dilemma gestanden, ihre Stimme für einen Kandidaten der Minderheit abzugeben oder eine der großen Parteien zu wählen. Diese hätten ja in allgemeiner Überzeugung einen stärkeren Einfluss auf die Entwicklungsrichtungen des Landes. Nicht wenige Menschen aus dem Oppelner Land hätten sich aus diesem Grund für eine der polenweit agierenden politischen Gruppierungen entschlossen. So erklärt man sich in Oberschlesien die Wahlniederlage der Minderheit.

Wahlplakat der deutschen Minderheit. Quelle: Wahlkomitee der deutschen Minderheit (Komitet Wyborczy Mniejszość Niemiecka).

Im Wahlkreis Oppeln, dessen Grenzen sich mit denen der Woiwodschaft Oppeln deckten, erhielten die deutschen Kandidaten 25.778 Stimmen, was 5,37 % aller im Wahlkreis Oppeln abgegeben Stimmen ausmacht und weit unter dem Potenzial ist. Damit fiel die deutsche Minderheit auf Platz sechs in der Region zurück und erhielt kein einziges Sejm-Mandat. Die stärkste Unterstützung hatten die Deutschen in den ländlichen Gegenden der östlichen und zentralen Teile der Woiwodschaft. In den Städten erhielt die Minderheit insgesamt nur ca. 6.000 Stimmen. Bei den Parlamentswahlen von 2019 schnitt das Wahlkomitee der deutschen Minderheit deutlich besser ab. Die 32.094 Stimmen (knapp acht Prozent aller Stimmen im Wahlkreis Oppeln) sicherten damals ein Sejm-Mandat.

Kandidaten der deutschen Minderheit für die Parlamentswahl 2023. Quelle: Wahlkomitee der deutschen Minderheit (Komitet Wyborczy Mniejszość Niemiecka).

In den beiden oberschlesischen Woiwodschaften Oppeln und Schlesien erhielt die liberale Bürgerkoalition (KO, Koalicja Obywatelska) Donald Tusks die meisten Stimmen (jeweils 33,59 % und 36,06 %). Als zweitstärkste Gruppierung erwies sich die konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jarosław Kaczyński (31,26 % und 30,16%). Auch polenweit verzeichneten die PiS und die KO das beste Wahlergebnis, wobei auf der nationalen Ebene die Konservativen um knapp fünf Prozent besser abgeschnitten haben als die Bürgerkoalition (35,38 % gegenüber 30,7 %). Die Wahlbeteiligung betrug 74,38%. Welche Partei bzw. welche Koalition die neue Regierung bilden werden, steht noch nicht fest.

Treffen mit Wählern in Leschnitz (Leśnica). Quelle: Wahlkomitee der deutschen Minderheit (Komitet Wyborczy Mniejszość Niemiecka).

Text: Dawid Smolorz