Das Festival der Breslauer Zwerge

Schon zum 15. Mal wurde in Breslau (Wrocław) das Festival der Zwerge organisiert

Aus dem Stadtbild der niederschlesischen Metropole sind sie nicht mehr wegzudenken. Einmal im Jahr werden sie groß gefeiert.

So ein Jubiläum musste gefeiert werden: Auf dem Ring gab es eine große Zwergentorte, die gleichzeitig eine Werbung für das Festival machen sollte. Dieses Jahr musste das Festival wegen der Flutgefahr um eine Woche verschoben werden und hat am 27.-29. September stattgefunden.

Das Festival beginnt jedes Jahr mit einer bunten Parade, an der „die lebendigen Zwerge“, also die Vor- und Schulkinder teilnehmen. Alle Teilnehmer begeben sich zum Stadtpark, um dort eine Stadt der Zwerge aufzubauen. Die einzelnen Gruppen bekommen ein Zwergenhaus aus Pappkarton und sollen es möglichst schön verzieren. Eine spezielle Jury wählt die kreativsten Projekte und belohnt die Gruppenarbeit mit speziellen – von der Stadt und den Sponsoren – gestifteten Preisen. Es gibt auch spezielle Preise für die Verkleidung und für die schönste Geburtstagskarte für den Zwerg „Festiwaliusz“ (Festzwerg). An drei Tagen finden Konzerte, Silent-Disco und andere Veranstaltungen statt. Die Studenten der Kunstakademie bereiten ein Märchen vor, das auf der Sommerbühne des Puppentheaters aufgeführt wird. Es gibt auch eine Spiel- und Info-Zone des Breslauer Zoos, an der die Kinder erfahren können, wie man die Tiere schützen soll. Auch eine alte Straßenbahn steht den Zwergen zur Verfügung – sie können sich beliebig durch die Stadt bewegen. Denn schließlich an diesen drei Tagen gehört die Stadt ihnen.

Seit einigen Jahren kann man sich die Stadt Breslau ohne Zwerge kaum vorstellen – egal, ob man sie liebt oder nicht. Sie sind an jeder Ecke. Die Zahl der Zwerge (aktuell schon über 1.000) wächst ständig, obwohl sie nicht billig sind. Die Herstellung eines Zwerges aus Bronze kostet ca. 2.500 Euro und mehr, je nachdem, wie viele Details die Figur hat und wie lange der Prozess der Herstellung dauert. In der Stadt gibt es drei Gruppen von Zwergen: historische, die an den wichtigen historischen Orten stehen (z. B. der Zwerg Metzger, der an den alten Fleischbänken steht oder der Gefängniszwerg bei dem alten historischen Gefängnis). Zu dieser Gruppe gehören auch die, die an die wichtigen historischen Ereignisse anknüpfen, z. B. das ganze Orchester der Zwerge beim Nationalforum für Musik, das an das erste Nachkriegskonzert erinnert. Es gibt auch Firmenzwerge – und diese Gruppe ist am zahlreich vertreten. Die kleinen Wichtel sind hier richtige Werbeträger. Die dritte Gruppe bilden die VIP-Zwerge, die ein Gesicht einer konkreten, meist berühmten Person tragen. Ein Denkmal oder eine Tafel enthüllt man in Polen nur den verstorbenen Personen. Bei den Zwergen gilt die Regel nicht – man kann auch einer lebendigen Person einen Zwerg stiften. Deshalb kann man in Breslau einen Zwerg mit dem Gesicht des Schriftstellers Marek Krajewski, eines Jazz-Musikers und Komponisten Leszek Możdżer, eines berühmten Polonisten Jan Miodek, des ehemaligen Breslauer Stadtpräsidenten Rafał Dutkiewicz oder des Ideengebers des Gitarren-Guinness-Rekord Leszek Cichoński treffen. Die meisten VIP-Zwerge werden von der „Mutter-Zwerg“, der Künstlerin Beata Beata Zwolańska-Hołod hergestellt, weitere auch von Grzegorz Łagowski, Tomasz Moczek, Marcin Łuczkowski, Marta Mirynowska oder Piotr Makała.

Warum ist ausgerechnet Breslau die Stadt der Zwerge?

Das Kunstprojekt Breslauer Zwerge knüpft an die antikommunistischen, von jungen Menschen organisierten Proteste der 1980er Jahre in Wrocław an. Die Bewegung, deren Ziel es war, mit Hilfe von lustigen Aktionen den Unsinn und die Absurdität des damaligen politischen Systems zu zeigen, nannte man Orange Alternative. Die Menschen haben Orange als Alternative zum kommunistischen Rot erklärt. Sie trugen u. a. orange T-Shirts oder orange Zipfelmützen. Daher der populäre Name der Bewegung: die „Zwergen-Revolution“. Aber nur der erste Zwerg – der „Papa Zwerg“, der viel größer als die anderen ist, erinnert an die historischen Ereignisse.

Auf die Plätze, fertig, los…

Alle anderen Zwerge begann man erst vier Jahre später – ab 2005 – aufzustellen. Sie waren eine pure Marketing-Idee der Stadt. Sie sollten ein Symbol, ein Maskottchen der Stadt bilden, die Touristen anlocken und die Stadt attraktiv machen.

Text und Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka