Andreas Ernst (1861-1929), ein Glatzer Architekt

Ausstellung bis Ende Januar 2020 im Museum des Glatzer Landes in Kłodzko (Glatz)

Wie kann man die heutigen Schlesier auf die deutsche Architektur sensibilisieren, die sie umgibt?

Bauten, die sie täglich sehen, oft ohne zu wissen, wer ein Haus entworfen hat, für wen, ohne zu ahnen, was die Ornamente, Initialen und Zahlen bedeuten? Wie kann man Wissen vermitteln und gleichzeitig Respekt gegenüber dem materiellen Erbe, dessen Schönheit sich nach jahrelanger Vernachlässigung nicht immer sofort – außer den Kunsthistorikern – erschließt? Das Museum des Glatzer Landes in Glatz (Muzeum Ziemi Kłodzkiej w Kłodzku) hat einen Weg gefunden. Seine Ausstellung „Andreas Ernst (1861-1929), ein Glatzer Architekt“ sowie das Begleitprogramm, zu dem u. a. Open-air-Inszenierungen in Kostümen aus der Epoche oder ein Spazierführer in Form eines Stadtspiels gehören, sind ein gutes Beispiel für eine moderne Präsentation und gelungene Vermittlung des deutschen materiellen Kulturerbes.

Andreas Christian Hartwig Louis Ernst wurde 1861 in Glücksburg geboren, einem damals zu Dänemark gehörenden Kurort an der Ostsee. Er war nicht nur ein erfahrener Baumeister, sondern auch ein talentierter Karikaturist und Designer.

Als Handwerksmeister ausgebildet, kam er um 1887 nach Glatz. 1891 gründete er hier die schnell aufblühende Baufirma “Andreas Ernst – Mauermeister – Glatz in Schlesien” und eröffnete dann 1904 eine Zweigstelle in Bad Altheide (heute Polanica Zdrój). Er verwaltete seine Firma bis zu seinem Tod im Jahre 1929.

In den achtunddreißig Jahren seiner Tätigkeit als Architekt und Bauunternehmer hat Andreas Ernst in Glatz über neunzig Gebäude geplant und gebaut. Er hatte während einer faszinierenden Entwicklungszeit seiner Stadt gelebt und gearbeitet. Die mittelalterlichen Mauer und Tore wurden abgetragen, die Stadt hat sich in Richtung Großstadt mit großzügig angelegten Straßen und Parks erweitert. Er war nicht nur Zeuge der urbanen Raumveränderungen  um die Jahrhundertwende, die durch den Ersten Weltkrieg gebremst wurden, sondern er war aktiver Mitgestalter des Stadtbildes, das bis heute sichtbar ist. Als Künstler hatte er alle gängigen europäischen Baustile im Griff. Zu Beginn seiner Tätigkeit in Glatz, in den 1890er Jahren, schuf er neogotische, neobarocke, neorenaissance, neomanieristische oder neoklassizistische Bauwerke. Oft kombinierte er verschiedene Stilmerkmale, um vielseitige Werke zu schaffen. Dem Zeitgeist folgend entwarf er zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Bauten im Jugendstil und in dieser kreativen Schaffensperiode entstanden phantasievolle Projekte, die teilweise auch von der regionalen Architektur inspiriert waren. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg tragen seine Entwürfe dann deutliche Merkmale der Moderne.

Viele der Bauten sind restauriert und erstrahlen heute im neuen Glanz. Noch mehr aber warten noch auf die Sanierung. Die wertvollen Elemente der Fassaden und Innenausstattung fallen oft der menschlichen Ignoranz, fehlenden Wertschätzung und mangelhaften denkmalschutzrechtlichen Gesetzgebung zum Opfer. Dem möchte das Muzeum Ziemi Kłodzkiej in Glatz/Kłodzko mit seiner Ausstellung entgegenwirken. Darüber berichtet die Kuratorin der Ausstellung, Joanna Jakubowicz vom Museum des Glatzer Landes, in ihrem Vortrag „Andreas Ernst und sein architektonisches Erbe in Glatz“ am Freitag, den 11.10.2019, um 18 Uhr im Schlesischen Museum zu Görlitz.
Der Vortrag gehört zum Begleitprogramm der Ausstellung über Andreas Ernst, die in Kooperation mit dem Schlesischen Museum präsentiert und von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit gefördert wird.

Wir laden Sie herzlich zum  Vortrag von Joanna Jakubowicz ein, der Kuratorin der Ausstellung „Andreas Ernst (1861-1929), ein Glatzer Architekt“, die im Museum des Glatzer Landes in Kłodzko bis Ende Januar 2020 präsentiert wird.

Termin: 11.10.2019, 18 Uhr, Schlesisches Museum zu Görlitz

Text: Agnieszka Bormann, Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz