Eine trinationale Studienwoche im Januar 2020 zur ethnografischen Erforschung der Bildungsstätten Haus Schlesien und Heiligenhof.
Um Studierenden die Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn im östlichen Europa näherzubringen sind nicht zwingend Reisen in jene Länder notwendig. Sinnlich erfahren lassen sich diese auch an spezifischen Orten in Deutschland: z.B. im Haus Schlesien in Königswinter am Rhein, wo man in Zimmern mit den Namen Breslau, Oppeln oder der Grafschaft Glatz übernachten und in der „Rübezahlstube“ Liegnitzer Bomben oder schlesisches Himmelreich probieren kann. Der Heiligenhof in Bad Kissingen ist in ähnlicher Weise ein Ort, der von vergangenen Zeiten in Böhmen und Mähren erzählt, die Erinnerung an diese ehemals von Deutschen besiedelten Regionen (re)präsentiert, aufrechterhält und weiterträgt.
Während Praktiken und Medien der Erinnerung im Kontext von Flucht und Vertreibung in den vergangenen Jahren durch unterschiedliche Disziplinen in den Blick geraten sind, steht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den von Vertriebenengruppen ins Leben gerufenen Bildungs- und Begegnungsstätten jedoch weitestgehend aus.
Die frappierenden Parallelen und zu untersuchenden Spezifika der beiden Häuser boten sich daher geradezu dazu an, in den Mittelpunkt eines Antrags im Rahmen des BKM-Förderprogramms „Vielstimmige Erinnerung – gemeinsames Erbe – europäische Zukunft: Kultur und Geschichte der Deutschen und ihrer Nachbarn im östlichen Europa“ gestellt zu werden.
Unter dem Titel „Sinnliche Zugänge zu symbolischen Orten Vertriebener in Deutschland. Von Erinnerungs- zu transnationalen Begegnungsräumen?“ konnte das Projekt überzeugen und weitere Förderung durch den Schroubek-Fonds östliches Europa einwerben. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sarah Scholl-Schneider und Dr. Johanne Lefeldt beinhaltet es mehrmonatige Recherchen und Datenerhebungen, die u.a. Zeitzeugeninterviews umfassen, und mündet in einer trinationalen Studienwoche, in der Studierende aus Deutschland, Polen und Tschechien vom 4.–11. Januar 2020 gemeinsam die beiden Häuser durch eigene empirische Erhebungen vor Ort forschend erkunden werden.
Ziel ist es, die wissenschaftlich bisher kaum behandelten Bildungsstätten in ihrer Bedeutung für ihre Nutzer, im Wandel der Zeit und mit Blick auf europäische Zukunftsperspektiven zu beleuchten.
Flankiert werden die eigenen empirischen Forschungen der Studierenden von Vorträgen und Methodenworkshops, als Referentinnen und Referenten sind Personen wie PD Dr. Tobias Weger oder Dr. Elisabeth Fendl eingebunden. Abgerundet wird die Studienwoche durch eine öffentliche Podiumsdiskussion am 10. Januar 2020 zur Geschichte und Zukunft der Häuser unter Beteiligung unter anderem von Dr. Günter Reichert, Prof. Dr. Michael Pietsch, Gustav Binder und Nicola Remig.
Mehr über das Projekt können Sie hier lesen.