Eine deutsch-polnische Spurensuche von Oberschlesien bis zur Ostsee.
Herausgegeben von Dagmara Jajeśniak-Quast und Uwe Rada, 2018, zweite Auflage jetzt erschienen.
Zwischen 1918 und 1939 waren Deutschland und Polen durch eine Grenze getrennt, die heute fast vollständig in Vergessenheit geraten ist. Sie ist im Zuge der Neuordnung Europas nach dem Ersten Weltkrieg entstanden und wurde nach Volksabstimmungen in Oberschlesien und Ostpreußen 1922 ratifiziert. Mit der Unabhängigkeit Polens 1918 und der Festlegung der Grenze zu Deutschland begann ein neues Kapitel in der Geschichte der deutsch-polnischen Nachbarschaft. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges beendete die Grenze ihr kurzes Dasein.
Heute sind die Grenze und ihr Verlauf weitgehend vergessen. Da diese Grenze aber ein wichtiger Bestandteil der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte und ein ebenso wichtiger Erinnerungsort ist, hat sie das deutsch-polnische Projekt „1918. Die vergessene Grenze“ (www.1918-2018.eu) im Vorfeld des 100. Jahrestages ihrer Entstehung wieder ins Gedächtnis gerufen – mit Veranstaltungen, Ausstellungen, Publikationen, Seminaren, Exkursion sowie einer internationalen Konferenz.
Eine der Früchte dieses Projektes ist das von Dagmara Jajeśniak-Quast und Uwe Rada 2018 herausgegebenes und gerade neu verlegtes Buch Die Vergessene Grenze. Eine deutsch-polnische Spurensuche von Oberschlesien bis zur Ostsee mit Beiträgen u. a. von Krzysztof Ruchniewicz, Jörg Hackmann, Susanne Orth, Anna Labentz, Juliane Tomann, Werner Benecke, Marcin Wiatr, Matthias Diefenbach sowie Studierenden an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).
Autorinnen und Autoren aus beiden Ländern haben sich auf den Weg gemacht, um nach Spuren der einst fast 2000 Kilometer langen Grenzlinie in der Landschaft und im kollektiven Gedächtnis zu suchen. Entstanden ist ein Band mit vielen überraschenden Erkenntnissen zur deutsch-polnischen Geschichte, der den Leser auch zu eigener Entdeckungsreisen einlädt.
Die Grenze hat viele Aspekte, sie ist Ausdruck und Sinnbild einer schwierigen Nachbarschaft beider Länder in der Zwischenkriegszeit mit Aufständen und Volksabstimmungen. Darüber hinaus prägte die Grenze auch das Alltagsleben, Wirtschaft und Wissenschaft und die Suche nach einer nationalen Architektur auf beiden Seiten, etwa in Frankfurt (Oder) und Posen (Poznań).
Denkt man heute an die deutsch-polnische Grenze, hat man die Doppelstädte wie Frankfurt/Oder-Słubice oder Görlitz-Zgorzelec im Kopf. Die Grenze zwischen Deutschland und Polen, die nach dem Ersten Weltkrieg 1918 gezogen wurde und bis 1939 galt, ist dagegen in Vergessenheit geraten. Weil Deutschland infolge des Versailler Vertrages und der Volksabstimmungen in Oberschlesien und Ostpreußen zahlreiche Territorien an den neu entstandenen polnischen Staat abtreten musste, wurde diese Grenze auch als „blutende Grenze“ bezeichnet. Wie aber sah der Alltag an der deutsch-polnischen Grenze vor 100 Jahren aus? Gab es neben den Konflikten auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit?
Es lohnt sich, sich mit dieser Grenze auseinanderzusetzen, weil wir es uns lange Zeit angewöhnt haben, das Jahr 1945 als Beginn einer neuen deutsch-polnischen Nachbarschaft zu betrachten. Doch damit greift man zu kurz. Erst in der Rückschau auf die vergangenen 100 Jahre wird deutlich, welch großes Wunder es heute ist, dass Polen und Deutsche in Europa eine gedeihliche Nachbarschaft pflegen.
Weitere Informationen und Leseprobe unter www.bebraverlag.de/verzeichnis/titel/827-die-vergessene-grenze.html
(ab)