Buchvorstellung: “Das Oppelner Schlesien. Die Region, ihre Bewohner und ihre Identität in wissenschaftlichen und publizistischen Diskursen” von Monika Czok

Das Buch thematisiert den regionalen Status des Oppelner Schlesiens

…und geht der Frage nach der Identität dieses Raumes und seiner Bewohner nach. 

Die polnischsprachige Monographie von Monika Czok Das Oppelner Schlesien. Die Region, ihre Bewohner und ihre Identität in wissenschaftlichen und publizistischen Diskursen untersucht den in der polnischen Sprache und Wahrnehmung etablierten Raum des Oppelner Schlesiens (Śląsk Opolski) in wissenschaftlichen und publizistischen Diskursen in den Jahren 1989–2014.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Versailler Vertrag wurde Oberschlesien zwischen Deutschland und dem wiederentstandenen Polen geteilt. Bei Deutschland verblieb das Gebiet um Oppeln, administrativ als Provinz Oberschlesien bezeichnet, Polen wurde der östliche Teil Oberschlesiens zugesprochen. Beide Staaten vermieden es, das jeweils dem anderen Staat zugehörige Gebiet als „deutsch“ bzw. „polnisch“ zu bezeichnen. So nannte man auf Deutsch den polnischen Teil Oberschlesiens als Ostoberschlesien, und für den deutschen Teil schmiedete man auf Polnisch den Begriff Śląsk Opolski (Oppelner Schlesien).


Teilung Oberschlesiens, Autor: Leonard Wons, Stiftung Haus Oberschlesien.

Auch nachdem das gesamte Oberschlesien nach 1945 polnisch wurde, blieb die Bezeichnung „Oppelner Schlesien“ weiterhin bestehen. Der Name hat sich in dem polnischen Begriffsapparat derart etabliert, dass es bis heute eine gängige Bezeichnung ist.

Das Rathaus von Oppeln, Fot. Monika Czok.

Infolge der historischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte ist zwischen dem Oppelner Schlesien und dem östlichen Teil Oberschlesiens eine faktische (administrative) und mentale Spaltung zu verzeichnen, sodass in dem aktuellen gesellschaftlichen Diskurs des Öfteren zwischen den beiden Teilen unterschieden wird. Auch die Feststellung, das Oppelner Schlesien sei heute als eine eigenständige, in gewisser Weise vom übrigen Teil des historischen Oberschlesiens abgesonderte Region zu verstehen, ist nicht übertrieben. In der deutschsprachigen Schlesienforschung scheint diese Spaltung und die heutige Auffassung vom Oppelner Schlesien nicht berücksichtigt zu sein.

Diesen Phänomenen wird in der neuerschienenen Publikation von Monika Czok nachgegangen. Die Autorin analysiert anhand der wissenschaftlichen und publizistischen Diskurse aus den Jahren 1989 bis 2014, wie das Oppelner Schlesien aufgefasst wird. Im Fokus steht der regionale Status dieses Gebietes, allen voran das Verhältnis zwischen dem Oppelner Schlesien und dem Rest des Oberschlesiens. In der Studie wird nach der Identität dieses Raumes und seiner Bewohner gefragt. Die Autorin erforscht, ob es aktuell eine eigenständige, von der oberschlesischen gesonderte regionale Identität im Oppelner Schlesien gibt und wie diese aufzufassen ist.

Der Piastenturm in Oppeln, ein Symbol der Stadt. Gleich daneben: das 1930 erbaute Regierungsgebäude, Fot. Monika Czok.

Für die mentale Spaltung Oberschlesiens war das Jahr 1998 grundlegend: Die damals begonnene Verwaltungsreform sah zunächst eine einheitliche Wojewodschaft für ganz Oberschlesien vor, was die Oppelner Seite als Liquidierung ihrer Region deutete. Es kam zu massenhaften Protesten der Bewohner der Wojewodschaft Oppeln, die es als einen Kampf um den Erhalt ihrer Wojewodschaft bezeichneten. Die Autorin der Studie misst diesen Ereignissen eine große Bedeutung für die Spaltung zwischen den beiden Teilen Oberschlesiens und die Entwicklung einer separaten regionalen Identität im Oppelner Schlesien bei.

Die Skulptur „Verteidigen wir das Unsere, Oppelner [Wojewodschaft]“ im Zentrum von Oppeln erinnert an die Bemühungen um den Erhalt der Wojewodschaft Oppeln im Zuge der Verwaltungsreform Polens 1998,
Fot. Monika Czok.

Das Buch ist allen empfohlen, die an der jüngeren Geschichte Oberschlesiens Interesse haben und den Gegenwartsdiskurs über die Region in Polen verstehen wollen. In dem Buch werden Fragen nach Regionalität und Identität im Kontext politischer Veränderungen in Polen nach 1989 und der Entwicklung der Medien (vor allem der Presse) detailliert analysiert.

Monika Czok: Das Oppelner Schlesien. Die Region, ihre Bewohner und ihre Identität in wissenschaftlichen und publizistischen Diskursen, Neisse Verlag – Oficyna Wydawnicza Atut,  Dresden – Wrocław  2020, 371 S., 28 Euro.

ISBN 978-3-86276-312-2

Link zum Buch beim Neisse Verlag.

Monika Czok.

Zur Autorin:

Monika Czok ist wissenschaftlich-didaktische Mit­arbeiterin am Institut für Literaturwissenschaft an der Universität Oppeln. Absolventin der Universität Opole (Germanistikstudium, 2011 Magisterab­schluss) und der Universität Wrocław (Promotionsstudium, 2018 Doktortitel im Bereich der Literaturwissenschaft).

Geboren in Oppeln in einer einheimischen Familie, ist sie ihr ganzes Leben mit Oberschlesien verbunden. Das private Interesse an der kleinen Heimat ist zu ihrem Untersuchungsgegenstand geworden. Ihre wissenschaftlichen Interessen umfassen: regionale Identität, Literatur, Geschichte und Kultur Oberschlesiens, Erinnerungskultur sowie Didaktik und Methodik des Deutschunterrichts.

Text: Kulturreferat für Oberschlesien