Die Zukunft des Olympia-Stadions in Breslau/ Wrocław zwischen Denkmal und Kommerz

Auf dem Gebiet des Olympia-Stadions in Breslau/Wroclaw soll ein privates Studentenwohnheim gebaut werden

Die Investition weckt große Kontroversen.

Es handelt sich vor allem um die Lage – das neue Objekt soll innerhalb eines geschlossenen historischen Komplexes gebaut werden – und die Tatsache, dass die Sportakademie, die das ganze Gebiet von der Stadt kostenlos erhielt, es im Jahre 2015 an die Bauunternehmerfirma „Dolnośląskie Inwestycje“ (Niederschlesische Investitionen) verkauft hat. Genau an der Stelle, wo ein freies Bad stand, das noch dreißig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg genutzt wurde, entsteht ein privates Studentenwohnheim mit Dienstleistungsflächen. Die Einwohner fürchten jedoch, es werden keine richtigen Wohnflächen für Studenten sein, sondern private Mikroappartements, die nur unter dem Schild der „Studentenwohnheime“ gebaut werden. Deshalb protestieren viele und versuchen, die Investition zu verhindern. Der Bau hat eben angefangen und soll drei Jahre dauern. Das Projekt hat eine gültige Baugenehmigung und eine positive Entscheidung des städtischen Denkmalpflegers. Es entspricht auch den Bestimmungen des örtlichen Raumordnungsplans. Die Investoren versichern, die Investition wird pro-ökologisch und nachhaltig sein, es folgen Neupflanzungen von Bäumen und Sträuchern, neue Wasserbecken, die neben ihrer landschaftlichen Rolle auch eine kleine Rückhaltefunktion erfüllen werden.

Das Gebäude wird drei oberirdische Geschosse und ein unterirdisches Geschoss haben, in dem eine Garage, Fahrradabstellplätze und Flächen für Serviceeinrichtungen untergebracht werden sollen. Die Dienstleistungseinrichtungen im Erdgeschoss werden das Angebot des Olympiastadionkomplexes ergänzen. Geplant ist auch die Einführung von Physiotherapie-, Wellness- und Fitnessangeboten und zwei gastronomischen Einrichtungen. In den oberen Etagen des Gebäudes werden Lern-, Arbeits- und Integrationsbereiche für Studenten untergebracht. Die Einrichtung wird einen offenen Charakter haben, d.h. sie wird nicht nur für die Nutzer des Wohnheims, sondern auch für andere zur Verfügung stehen. Der Hang, auf dem sich die Tribünen des Freibades befanden, wird als Erholungsgebiet dienen. „Wir sind davon überzeugt, dass nach mehr als 40 Jahren der Degradierung der alten Schwimmbäder am Olympiastadion das von uns gebaute neue Objekt ein Vorzeigeobjekt von Wrocław wird. Und durch seinen offenen Charakter wird es allen Bewohnern unserer Stadt dienen“ – sagt Dariusz Wilczewski, der Hauptvertreter der Niederschlesischen Investitionen.

Die Einwohner von Wrocław wollen, dass der Komplex weiterhin als öffentlicher Raum funktioniert, der nur für Sport und Erholung bestimmt ist. Am liebsten würden sie wieder ein Freibad oder ein anderes Sportgelände, z. B. für Parkour haben. Nach ihrer Ansicht wird der Bau von Mikroapartments den Charakter dieser einzigartigen Gegend unwiderruflich zerstören. Dieser Meinung sind auch die städtischen Architekten, die eine Art „runder Tisch“ mit allen Interessierten organisieren wollen. Sie meinen, für Gespräche und Verhandlungen ist noch nicht zu spät. Leider wird niemand die Verantwortung für die Fehlentscheidungen, die vor Jahren getroffen wurden, auf sich nehmen. Deshalb bleibt offen, ob die Proteste und Gespräche überhaupt helfen werden.

Der Komplex des Stadions ist das Werk des Architekten Richard Konwiarz. Die Bauarbeiten begannen 1925 und dauerten in zwei Etappen bis 1939. Der Name des Olympiastadions ist irreführend. Es fanden hier keine Olympischen Spiele statt. Der Architekt Richard Konwiarz wurde für sein architektonisches Projekt auf den Olympischen Spielen in Los Angeles 1932 mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet – daher auch der jetzige Name. Nach dem Krieg wurde der Komplex vor allem für die Speedway-Wettbewerbe bekannt. Und so ist es bis heute. Für die World Games 2017 wurde das Stadion umfangreich saniert, das alte Freibad aber nicht. Das Gelände wurde schon früher von der Sportakademie für das Studentenwohnheim bestimmt und verkauft.

Text und Fotos: Małgorzata Urlich-Kornacka