Nicht nur St. Annaberg und Deutsch Piekar
Außer den zwei berühmtesten Wallfahrtsorten gibt es in der Region eine Reihe von weniger bekannten Pilgerstätten.
Im nordöstlichen Teil Oberschlesiens liegt das kleine, nur rund 800 Einwohner zählende Lubetzko/Lubecko. Jedes Jahr um den 15. August eilen dorthin Tausende Pilger, um an den Feierlichkeiten zu Ehren der Mutter Gottes teilzunehmen. 1716 wurde auf einem mit Mist beladenen Pferdewagen ein Medaillon mit Kopie des Gemäldes der Schwarzen Madonna von Tschenstochau gefunden. Seitdem wird dieses kleine Bild als wundertätig verehrt. Seit 2010 wird das Lubetzkoer Gotteshaus außerdem auch von vielen Freunden gotischer Kunst besucht. Eine wahre Sensation war damals die Entdeckung im Presbyterium der Kirche einer bunten Wand- und Deckenmalerei, deren Fläche ca. 220 m2 beträgt.
Seit dem frühen 18. Jahrhundert wird der als „Maria Hilf“ bezeichnete Ort bei Zuckmantel/Zlaté Hory in Tschechisch-Schlesien von Pilgern besucht. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten wurde dort aber zunächst die Ausübung religiöser Praktiken verboten und 1973 das im Verfall begriffene Gotteshaus gesprengt. Zwei Jahrzehnte lang galt diese religiöse Stätte als Symbol der kommunistischen Barbarei. Seit dem Wiederaufbau der Wallfahrtskirche in der ersten Hälfte der 1990er Jahre strömen Pilger von beiden Seiten der tschechisch-polnischen Grenze nach Zuckmantel. Seit 1995 findet dort alljährlich die deutsch-tschechisch-polnische „Wallfahrt der Drei Nationen“ statt.
Das im Kreis Loslau/Wodzisław Śląski gelegene Pschow/Pszów ist wiederum für das Gnadenbild der Lächelnden Madonna bekannt. Die ursprüngliche Kopie eines Gemäldes der Schwarzen Madonna von Tschenstochau wurde 1722 durch einen lokalen Maler modifiziert, wodurch der Gestalt mitteleuropäische Gesichtszüge und ein Lächeln verliehen wurden. Das Bild wird vor allem in den Kreisen Loslau, Rybnik und Ratibor verehrt.
Als „Schlesisches Lourdes“ wurde früher der Ort Friedeck (heute Teil der Stadt Friedeck-Mistek/Frýdek-Místek) in Tschechisch-Schlesien bezeichnet. Wie eine Überlieferung berichtet, sei 1665 an der Stelle der heutigen Basilika Mariä Heimsuchung eine steinerne Marienstatue gefunden worden. Bereits 1706 wurde im Zusammenhang mit einem großen Pilgerzuspruch eine Holzkapelle über der Skulptur gebaut. Mitte des 18. Jahrhunderts entstand an demselben Ort eine barocke Kirche. Neben Maria Hilf war Friedeck traditionell der bedeutendste Wallfahrtsort Österreichisch-Schlesiens. 1999 wurde die Kirche zum Rang einer Basilica minor erhoben.
Einer der jüngsten Pilgerorte Oberschlesiens ist das Heiligtum der Mutter Gottes von Kochawina in Gleiwitz/Gliwice. Das Gemälde der Mutter Gottes, das darin verehrt wird, hat im 20. Jahrhundert einen langen Weg zurücklegen müssen. Zu Hause war es ursprünglich im ostgalizischen Kochawina (heute: Kochawyne, Ukraine). Bereits seit 1680 pilgerten Katholiken zu dem Gnadenbild. Als die Region nach dem Zweiten Weltkrieg der Sowjetunion einverleibt und die polnische Bevölkerung ausgewiesen wurde, wurde das Bild in das polnische Staatsgebiet überführt, um einer Schändung vorzubeugen. Seit 1974 befindet es sich in Gleiwitz – seit 1994 ist es in dem Heiligtum der Mutter Gottes von Kochawina in der dortigen Kopernikus-Siedlung zu sehen.