Das Eisenbahnmuseum in Königszelt/ Jaworzyna Śląska renoviert und entwickelt historische Gebäude

Die Revitalisierung umfasst u.a. den historischen Lokschuppen und den Wasserturm

Seit 2004 gehört das Objekt der Stiftung zum Schutz des schlesischen Industrieerbes.

Königszelt/ Jaworzyna Śląska hat eine ähnliche Entstehungsgeschichte wie viele Städte und Ortschaften im Wilden Westen der Vereinigten Staaten. Es wurde an einer Eisenbahnlinie gegründet, und zwar an der 1843 von der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahngesellschaft eröffneten. Im selben Jahr wurde das Gelände für den Bau einer Stadt abgesteckt, die als Eisenbahnknotenpunkt an der Kreuzung der Verbindungen nach Waldenburg/ Wałbrzych und Schweidnitz/ Świdnica dienen sollte. Heute würden wir sagen, es war eine „Green Field” Investition.

Das Gelände des Eisenbahnmuseum Königszelt. Fot. Muzeum Kolejnictwa.

Die neue Stadt wurde Königszelt genannt, bekam also keinen auf Eisenbahn hinweisenden, sondern einen patriotischen Namen. Damit wurde der Tatsache gedacht, dass sich während des Krieges von 1761 in der Nähe ein Militärlager Friedrichs des Großen befand. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Eisenbahninfrastruktur in Königszelt ausgebaut. Sie wurde natürlich für den Betrieb von Dampflokomotiven angepasst. Königszelt war auch einer der wichtigsten Knotenpunkte im niederschlesischen Verbindungsnetz und spielt auch heute noch eine solche Rolle. Der örtliche Bahnhof ist viel zu groß für die Bedürfnisse der Stadt selbst. Jaworzyna Śląska ist daher ein idealer Standort für ein Eisenbahnmuseum.

150 Eisenbahn-Oldtimer
Die Infrastruktur des Kohle- und Dampfzeitalters war in Königszelt bis Ende der 1990er Jahre genutzt, als Dampflokomotiven endgültig aus dem regulären Verkehr verschwanden. Damals gab es bereits ein Freilichtmuseum, das von der PKP (Polnische Staatseisenbahn) betrieben wurde, aber man hatte keine Ahnung, wie man es erfolgreich betreiben sollte, und wahrscheinlich auch keine Mittel, so dass es schnell verfiel.

Im Juli 2004 wurde das Objekt von der Stiftung zum Schutz des Schlesischen Industrieerbes (Fundacja Ochrony Dziedzictwa Przemysłowego Śląska) übernommen, die Schritt für Schritt mit dem Aufbau eines Museums begann. Heute kann man hier einen riesigen Schuppen mit Dampflokomotiven sehen. Es handelt sich um Lokomotiven aus verschiedenen Jahrzehnten, die in Deutschland, Polen oder den USA hergestellt wurden, sowie um verschiedene Wagentypen: Personenwagen (darunter einer aus der Linke-Hofmann-Fabrik in Breslau/ Wrocław), Güter-, Post- und Gepäckwagen, Salonwagen, Sommerwagen oder Schlafwagen. Es gibt sogar einen improvisierten Panzerwagen, Dampfwalzen, Handkarren mit Warschauer Wagenkästen und viele andere Maschinen. Auch die ehemalige Eisenbahninfrastruktur kann hier besichtigt werden, darunter ein Kohlekran, eine Sandgrube, eine Ölmühle, ein Wasserkran und eine noch funktionstüchtige Drehscheibe. Die Büros des Dampflokdepots sind ebenfalls sehr interessant. Das Mobiliar wurde dort gesammelt und die Atmosphäre aus verschiedenen Epochen nachgestellt. Die Besucher können auch ein Büro vom Anfang des 20. Jahrhunderts betreten.

Vor einigen Jahren hat das Museum auch eine Dampflokomotive für touristische Zwecke renoviert und in Betrieb genommen. Sightseeing-Touren mit einem solchen Zug durch Niederschlesien waren sehr beliebt. Nun aber muss die Lokomotive erneut einer Generalüberholung unterzogen werden.

Das Portfolio der geretteten Objekte wächst

Das Museum hat Entwicklungspläne erarbeitet und setzt sie systematisch um. Sie hat bereits mit der Renovierung eines Dampflokdepots im nahegelegenen Reichenbach/ Dzierżoniów begonnen, in dem Fahrzeuge aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ihren Platz finden werden. Drei einzigartige Gebäude des Bahnhofs in Jaworzyna Śl. werden ebenfalls revitalisiert: das historische Lokdepot, der Wasserturm und das Waggondepot. Außerdem werden die Eisenbahntore umgebaut (vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um einen großen Reparaturkanal, der für die Instandsetzung und Wartung des rollenden Materials genutzt wird). Einige dieser Arbeiten sind bereits angelaufen.

Die Revitalisierung der oben genannten Objekte wird durch Mittel aus dem Projekt “Industriedenkmäler des Grenzlandes öffnen ihre Türen für Besucher” ermöglicht, das die Stiftung zur Erhaltung des schlesischen Industrieerbes in Zusammenarbeit mit dem Museum für alte Kleidung und Technologien (Muzeum starých stroju a technologií) in Žamberk in der Tschechischen Republik durchführt.
– Das Projekt soll Touristen ermutigen, die Region des ehemaligen industriellen Grenzgebiets einschließlich Niederschlesiens kennenzulernen, die Attraktivität der Region zu erhöhen und das Wissen über das materielle Erbe der einzigartigen postindustriellen Stätten auf polnischer und tschechischer Seite zu festigen”, fasst Katarzyna Szczerbińska-Tercjak, Direktorin des Eisenbahnmuseums in Jaworzyna Śląska, zusammen.

Hinzu kommt, dass die Stiftung zum Schutz des schlesischen Industrieerbes noch weitere wertvolle Objekte gerettet hat und betreut. In Niederschlesien sind das beispielsweise die Hilbertmühle in Dzierżoniów und ein Herrenhaus mit Dominium in Peterwitz/ Piotrowice Świdnickie, wo das Museum für alte Landtechnik eingerichtet werden soll. In Oberschlesien befasst sich die Stiftung mit der Porzellanmanufaktur in Tillowitz (Tułowice) oder dem Giesche-Walzwerk in Kattowitz-Schoppinitz (Katowice-Szopienice).

Text & Fotos: Sławomir Szymański