Oppeln und Oberschlesien aus britischer Sicht 1920–1922

Die Publikation erinnert an die Anwesenheit britischer Soldaten in Oberschlesien vor 100 Jahren

Die Abhandlung ist kostenlos bei der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien erhältlich.

Am 1. Dezember 2022 wurde in Opole (Oppeln) die Publikation “Oppeln und Oberschlesien aus britischer Sicht 1920-1922” von Dr. Gerhard Schiller und Beata Kubica vorgestellt.

Die Briten sind nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Friedensmission und der Durchführung des Plebiszits nach Oberschlesien gekommen. „Dem britischen Kontingent kann man für die friedensschaffenden Maßnahmen durchaus einen Erfolg bescheinigen. Die Kampfparteien des dritten schlesischen Aufstandes wurden rasch getrennt und die Kampfhandlungen beendet“, sagt Autor Gerhard Schiller. Weitaus weniger gut klappte die Volksabstimmung, bei der die Bürger entscheiden sollten, ob sie zu Polen oder Deutschland gehören wollten. Schiller: „Das dauerte viel zu lange, zweieinhalb Jahre! Emotionen loderten hoch und die Stimmung war vergiftet.“ Gemeint ist die von oben gestreute Propaganda, die zum Ziel hatte, unter der heterogenen oberschlesischen Bevölkerung Zwist zu streuen und die Gemeinschaft zu zersetzen.

Autor Dr. Gerhard Schiller bei der Buchvorstellung am 1. Dezemper 2022 in Opole (Oppeln)

Dass viele Menschen offenkundig kaum etwas für Politik übrighatten und nach wenig mehr als einem einfachen Leben in Frieden und Ruhe strebten, darüber sprechen die Tagebücher des britischen Oberst Percival, wichtige Quellen aus Großbritannien, die, Gerhard Schiller zufolge, bisher nur selten herangezogen wurden. „Anders als die Franzosen und Italiener, die zeitgleich hier stationiert waren, interessierte sich Percival für Land und Leute. Er wollte die Menschen kennenlernen und besuchte die Gottesdienste, die deutschen wie polnischen. Dabei erlebte er einen tiefen Glauben und er erkannte, dass der ganze Konflikt von außen angetragen war“, erklärt Schiller.

Die Publikation in deutscher, polnischer und englischer Sprache gibt es kostenfrei per Mail tskn@skgd.pl.

Per Videoschalte kam auch Mitautor Jim Powrie dazu, Nachfahre eines britischen Soldaten, der in Oppeln stationiert war, hier zu Tode kam und auf dem kommunalen Friedhof bestattet wurde. Zusammen mit insgesamt 40 weiteren Soldaten. Elf von ihnen wurden exhumiert und nach Deutschland gebracht. Der Grund: „Aus britischer Sicht endete der Erste Weltkrieg erst am 31. August 1921“, erklärt Jim Powrie. „Folglich galten die elf Soldaten, die vor diesem Datum starben, als Kriegstote. Als solche wurden sie in Köln, das die Briten damals mit weiteren Rheingebieten besetzt hatten, ordentlich bestattet.“ Powries Vorfahre wurde nicht exhumiert. Er und die anderen Soldaten liegen bis heute in Oppeln, anonym. Ihre Grabstellen lassen sich anhand alter Mappen und Fotos mehr oder weniger genau verorten.  Wenn es nach Powrie geht, sollen die Soldaten wieder einen Grabstein bekommen, so wie es ihnen gebührt. Dafür setzt Powrie sich seit mittlerweile 15 Jahren ein, bisher ohne Erfolg, weil die britischen Behörden mauern. „Eine historische Ungerechtigkeit“, findet Powrie. Er will nicht aufgeben und sucht jetzt verstärkt bei den Oppelner Behörden Unterstützung.

Mitautorin Beata Kubica übersetzt das Gespräch mit Jim Powrie aus dem Englischen.

Das Gespräch mit Jim Powrie führte und übersetzte die dritte Autorin, Beata Kubica. Die Treffen des Autorengespanns Kubica-Schiller mit seinen Lesern zur deutsch-polnisch-schlesischen Regionalgeschichte gehören zu den beliebtesten Veranstaltungen in der Woiwodschaftshauptstadt.

Der Mann in Uniform ist Oberst Percival. Seine Tagebücher sind wichtige Quellen.

Die Publikation gibt es kostenfrei bei der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien erhältlich in der ul. Konopnicka 6 in Oppeln oder per Mail: tskn@skgd.pl.

Text & Bilder: Marie Baumgarten