Am 24. April 1909 verlor auf der Tarnowitz-Gleiwitzer Chaussee in Neu-Repten ein Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug und stieß gegen einen Baum. Noch am selben Tag starb er im Krankenhaus
Aus der frühen Geschichte des Automobils.
Am 24. April 1909 verlor auf der Tarnowitz-Gleiwitzer Chaussee in Neu-Repten (heute Repty Nowe) ein Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug und stieß gegen einen Baum. Noch am selben Tag starb er im Krankenhaus. Das tragische Ereignis wurde in der regionalen Presse breit kommentiert und zwar nicht nur, weil Autounfälle damals noch eine Seltenheit waren. Es gab einen weiteren wichtigen Grund. Der Verunglückte, Graf Gustav von Ballestrem aus Kostau (Kostów) im Kreis Kreuzburg (Kluczbork), gehörte einer der vermögendsten und einflussreichsten Familien der Region an. Er war Sohn von Graf Franz von Ballestrem, dem früheren Reichstagspräsidenten, Besitzer des bei Gleiwitz (Gliwice) gelegenen, beeindruckenden Schlosses Plawniowitz (Pławniowice) und mehrerer großer Industriebetriebe im Hindenburg-Rudaer Raum.
Am Unglückstag weilte der Graf bei der Familie von Fürstenberg in Kopanina (Kopanina). Da sein Auto vor der Rückreise im nahen Tarnowitz (Tarnowskie Góry) noch getankt werden musste, machte von Ballestrem den Vorschlag, zusammen mit der Frau des Gastgebers und ihren Kindern eine Spazierfahrt durch das malerische Dramatal zu machen. In Neu-Repten brach plötzlich das linke Vorderrad des Automobils. Da der Graf, der am Lenkrad saß, infolgedessen nicht bremsen konnte, sei das Fahrzeug – wie dem Bericht des „Oberschlesischen Wanderers“ zu entnehmen ist – mit fruchtbarer Gewalt gegen einen Baum geschleudert worden.
Mit welcher Geschwindigkeit das Auto zum Zeitpunkt des Unfalls gefahren sein mag, wurde nicht überliefert. Viele der im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hergestellten Wagen konnten bis zu 70-80 km/h erreichen. Innerhalb der Ortschaften galt damals im Deutschen Reich ein Limit von 15 km/h. Gustav von Ballestrem wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Wie Augenzeugen behaupteten, soll er noch im letzten Moment versucht haben, abzuspringen und habe dabei mit dem Kopf gegen den Baum geschlagen. Trotz der Bemühungen mehrerer Ärzte, darunter eines, den die Familie mit einem Extrazug von Breslau kommen ließ, starb von Ballestrem am späten Abend des Unglückstages im Tarnowitzer Kreiskrankenhaus. Die weiteren Insassen, die Freifrau von Fürstenberg und ihre drei Kinder sowie der Chauffeur des Grafen, der auf dem Beifahrersitz saß, erlitten nur leichte Verletzungen.
Der 37-jährige Gustav von Ballestrem fand in Kostau seine letzte Ruhestätte. Drei Jahre nach dem tragischen Ereignis ließ seine Familie an der Unglücksstelle ein schlichtes Denkmal errichten. In den Zeiten der Volksrepublik Polen wurde seine deutschsprachige Inschrift mit einer Zementschicht verdeckt, doch fiel diese mit der Zeit ab, so dass man den Schriftzug noch in der kommunistischen Zeit wieder lesen konnte. Auf Initiative der lokalen Organisation der deutschen Minderheit aus Wieschowa (Wieszowa) wurde die Inschrift im vergangenen Jahr renoviert.
Text: Dawid Smolorz