Besonderes Jubiläum des „Großen Fiat“ (Fiat 125p)

Fünfzig Jahre sind vergangen seit einem Weltrekord, der mit dem Fiat 125p aufgestellt wurde

In Kąty Wrocławskie (Canth) bei Wrocław (Breslau) trafen sich Enthusiasten zum Ersten Internationalen Polnischer-Fiat-Rekord-Rallye.

Wenn man die Autobahn A4 von Görlitz-Zgorzelec in Richtung Wrocław (Breslau) fährt, ist bei der Ausfahrt Kąty Wrocławskie (Canth) ein großes Schild zu sehen: REKORD ŚWIATA ’73 (“Weltrekord ’73”). An der BP-Tankstelle steht ein 16 Tonnen schweres Granitdenkmal für den “großen Fiat” im Maßstab 1:1. Die Inschrift und das Denkmal wurden vor zehn Jahren zur Erinnerung an die außergewöhnlichen Ereignisse auf dem Autobahnabschnitt Wrocław-Legnica (Breslau-Liegnitz: 62,5 km) aufgestellt.

Eigentlich müsste die Inschrift “Weltrekorde ’73” lauten, denn vor genau 50 Jahren (15. Juni 1973) wurden drei Geschwindigkeitsweltrekorde aufgestellt: auf der Distanz von 25.000 Kilometern, 25.000 Meilen und 50.000 Kilometern. Eine Gruppe von acht polnischen Fahrern (Franciszek Aromiński, Jerzy Dobrzański, Andrzej Jaroszewicz, Robert Mucha, Ryszard Nowicki, Marek Varisella, Franciszek Postawka und Sobiesław Zasada als Kapitän), die sich vierzehn Tage lang am Steuer eines Fiat 125p abwechselten, brachen den 1955 von Simca Aronde gehaltenen Geschwindigkeitsrekord. Die Fahrer des Fiat 125p erreichten 138,18 km/h auf der Strecke von 25.000 Kilometern und 138,27 km/h auf der Strecke von 50.000 Kilometern. Der Rekord hielt neun Jahre lang und wurde erst 1982 von italienischen Fahrern gebrochen, die Alfa Romeo Alfasud Sprint gefahren sind.

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Weltrekorde kamen in diesem Jahr Enthusiasten des “Kult-Auto” nach Kąty Wrocławskie (Canth), um an der Ersten Internationalen Polnischen Fiat-Rekord-Rallye (1. Międzynarodowy Rajd Rekordów Polskiego Fiata | Kąty Wrocławskie – Zamek Topacz) teilzunehmen. Fast 150 Teams nahmen an der Rallye teil, die hier startete und am Schloss Zamek Topacz in Ślęza (Schloss Lohe bei Breslau) endete. Entlang der Strecke warteten verschiedene Aufgaben und Herausforderungen auf die Teilnehmer.

Der stellvertretende Bürgermeister von Kąty Wrocławskie, Krzysztof Wróblewski, stellte dem Publikum die Geschichte des Weltrekords vor. Ein Besonderer Gast der Veranstaltung war Andrzej Jaroszewicz, einer der Teilnehmer der Ereignisse von 1973 (im Bild mit Stützen).

Die Organisatoren dieser einzigartigen Veranstaltung waren: der Polnische Motorradverband in Wrocław, die Technische Universität Wrocław, die Stiftung Museum für offene Technik, die Gemeinde Kąty Wrocławskie und das Bezirksamt Wrocław. Einer der Teilnehmer des Weltrekords von 1973, Andrzej Jaroszewicz, trat als besonderer Gast auf. Er teilte den Anwesenden seine Erinnerungen an die Zeit vor fünfzig Jahren mit.

Das erste Team mit der Startnummer 00.

“Es wurden zwei Autos für den Rekord ausgewählt, daher die Gerüchte, dass das andere angeblich in den Büschen stand und ausgetauscht wurde”, lachte der Gast. “Das war nicht möglich. Es war ein Rekord, der sehr rigoros überwacht wurde. Die Wertung wurde so vorgenommen, dass das Auto sichtbar sein musste. Die Zelte der Richter standen ziemlich dicht beieinander – je nach Gelände und Sichtweite. Es gab sehr viele Richter”, berichtet Andrzej Jaroszewicz.

Offiziell nahm ein Fiat 125p mit einem 1500 cm langen und 85 PS starken Motor an dem Rekordversuch teil. In Wirklichkeit handelte es sich um ein Auto, das speziell für diese Herausforderung vorbereitet wurde. Zum Team gehörten auch drei Mechaniker. Die Ersatzteile standen auf Abruf bereit. Bremsbeläge und Bremsscheiben für den “Rekord-Fiat” wurden von der Firma Textar geliefert. “Das war notwendig, weil das Auto zweimal – bei Legnica und bei Wrocław – umdrehen musste. Damals gab es in Polen keine richtige Rennstrecke, auf der man eine solche Veranstaltung organisieren konnte. Deshalb wurde ein Teil der Autobahn A4 gewählt: der Abschnitt Wrocław-Legnica. Im Gegensatz also zu ihren Konkurrenten, die zuvor auf echten Strecken Rekorde aufgestellt hatten und nicht umdrehen mussten, hatte es das polnische Team ein bisschen komplizierter. Und deshalb waren gute Bremsen wichtig”, kommentierte der Leiter der Veranstaltung.

Der Rekord machte nicht nur polnische Fahrer berühmt, sondern trug auch dazu bei, dass die Exporte des Fiat 125p von 54.500 im Jahr 1972 auf 83.500 im Jahr 1976 stiegen. Die Autos wurden unter anderem in das ehemalige Jugoslawien, die ehemalige Tschechoslowakei, Ungarn, Großbritannien, Bulgarien, Ostdeutschland (DDR), Frankreich, Kolumbien, Griechenland und viele andere Länder exportiert. Beim Jubiläum in Kąty Wrocławskie tauchten auch Fiats aus Ungarn und Deutschland auf. Aber egal, woher das Auto kommt, eines ist sicher: Keines gleicht dem anderen. Jeder Besitzer achtet darauf, dass sein Auto ein Unikat ist. Plaketten mit lustigen Aufschriften: “I’m crazy, I drive a Fiat”, “Made in the PRL” (Polska Republika Ludowa, Volksrepublik Polen), ikonische Hundefiguren, die auf der Heckscheibe platziert sind und während der Fahrt mit dem Kopf winken, Sitzbezüge aus Holzkugeln, Auto-Maskottchen, ausgefallene Spiegel und eine ganze Reihe anderer Gadgets machen jeden Fiat einzigartig. Und sie sind ein Beweis dafür, dass die alte Liebe doch nicht rostet!

Ein Fiat von 1975 aus Deutschland. Woher die Liebe der Besitzer zum Fiat 125p? “Als wir jung waren, war dieses Auto sehr wertvoll und jeder war froh, wenn er einen kaufen konnte. Wir kamen aus Schwedt an der Oder an der deutsch-polnischen Grenze und sind von der Organisation begeistert. Eine tolle Veranstaltung” – berichteten die Besucher.

Text & Bilder: Małgorzata Urlich-Kornacka