Oratorium „David“ in der Perle von Żeliszów in Niederschlesien

Das Oratorium von Carl Ditters von Dittersdorf wird am 19. August 2023 als trinationale Koproduktion aufgeführt

Damit feiert die Stiftung „Dein Erbe“ ihr 10. Gründungsjubiläum.

Nach ca. 250 Jahren findet die erste Wiederaufführung des Oratoriums „David“ von Carl Ditters von Dittersdorf in der Perle von Żeliszów statt. So heißt die klassizistische ehemalige evangelische Kirche im kleinen Dorf Żeliszów (Giersdorf), 15 km südlich von Bolesławiec (Bunzlau), die auf ovalem Grundriss – aller Wahrscheinlichkeit nach – nach einem Entwurf des berühmten Architekten Carl Langhans im Jahr 1797 erbaut wurde. Dieses architektonische Juwel gehört der gemeinnützigen Stiftung „Dein Erbe“ (Fundacja Twoje Dziedzictwo) und wird seit zehn Jahren Schritt für Schritt saniert.

Frühere Veranstaltungen des Ars Augusta e. V. in der Perle von Żeliszów. Quelle: Facebook

Der Görlitzer Verein Ars Augusta e. V. ist fester Partner der polnischen Stiftung auf dem Weg zur Rettung des Juwels. Es stellte sich heraus, dass das Denkmal mit dem Fortschritt der Renovierungsarbeiten eine außergewöhnliche Akustik erhielt und für Musik und Theater besonders geeignet ist. Dies nutzt der Ars Augusta e.V. für seine grenzüberschreitenden künstlerischen Aktivitäten mit Bezug auf das kulturelle Erbe Schlesiens.

Die böhmisch-katholischen Herrscher Schlesiens, große Liebhaber der italienischen Musik, brachten während der Barockzeit die italienische Oper nach Schlesien: Die Fürsten hatten in jeder Kleinstadt Niederschlesiens ein Theater und luden Komponisten aus Wien und sogar aus Venedig ein, vor Ort Musik zu schreiben. Einer von ihnen war Carl Ditters von Dittersdorf (1739–1799), der in Schlesien so viele Opern und Oratorien schrieb, dass er zu Recht als der Opernkomponist aus Schlesien bezeichnet wird.

Johann Carl Ditters wurde 1739 in Wien geboren. Es war eine Zeit, in der italienische Komponisten und Librettisten wie Metastasio in Wien tätig waren. Der Barock brachte bald die Klassik, Joseph Haydn und Christoph Willibald Gluck, der 1763 mit seinem „Orfeo ed Euridice“ die Oper reformierte. Mozart folgte direkt nach ihm und die Oper wurde zur wichtigsten Kunstform in ganz Europa. Ditters lebte genau in dieser Zeit des Übergangs vom Rokoko zur Klassik. Er studierte und arbeitete bei den Italienern in Wien (Giuseppe Bonno) und reiste mit Gluck nach Italien, wo er auch als Violinvirtuose gefeiert wurde. Und dann erhielt er 1770 eine Einladung des Breslauer Bischofs Philipp Gotthard von Schaffgotsch, nach Schlesien zu kommen, um in der bischöflichen Sommerresidenz in Jauernig (Javorník), auf Schloss Johannesberg (Janský Vrch) das Musikleben zu prägen. Dort blieb er über 20 Jahre lang und schrieb Opern und Oratorien, u. a. „David“ (um 1772).

Carl Ditters von Dittersdorf, ein Bild von Heinrich Eduard Winter. Dieses Bild stammt aus der Digitalen Bibliothek Gallica. Quelle: Wikimedia Commons.

Um 1790 wurde Dittersdorf Kapellmeister des Orchesters des Herzogs Carl Christian Erdmann von Württemberg-Oels im niederschlesischen Oels (heute Oleśnica). In den Sommermonaten musizierte die Kapelle im oberschlesischen Carlsruhe (Pokój), das damals Sommerresidenz des Herzogs war.

Sein Lebensende verbrachte er, mittellos und von der Gicht geplagt, seit 1796 als Gast des Besitzers der Herrschaft Rothlhotta, des aus Schlesien stammenden Ignaz von Stillfried auf dem Neuhof bei Deschna (Deštná) in Südböhmen.

Carl Ditters‘ Werk ist daher ein gemeinsames Kulturerbe zwischen Wien, Breslau und Olmütz. Und auch Sachsen ist damit verbunden, denn 1885 schenkte der Herzog von Oels seine Bibliothek dem sächsischen König Albert, der dieses umfangreiche Musikarchiv der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Dresden schenkte. Heute befinden sich in Dresden rund 90 Manuskripte von Carl Ditters, von denen die meisten darauf warten, wiederentdeckt zu werden. Ars Augusta e. V. plant dies in Zusammenarbeit mit dem tschechischen Verein „Studio Volantes“ und der polnischen Stiftung „Dein Erbe“ für das Jahr 2025, dem Jahr, in dem die Breslauer Oper ihr 300. Gründungsjubiläum feiert.

„David“ singt jetzt in der Perle

Das Oratorium „David im Tal von Terebinth“ erzählt die bekannte Geschichte aus dem Buch Samuel des Alten Testaments. David war ein armer Junge, der die Musik liebte und Gottes Auserwählter und König von Israel wurde, indem er mit Mut und Glauben den Riesen Goliath besiegte, den Philisterriesen, der die Juden terrorisierte. Die biblische Geschichte von David passt wunderbar zur Feier des 10-jährigen Jubiläums der Restaurierung der Perle: Mit einem ähnlichen Glauben ist es den jungen Menschen gelungen, die ehemalige Kirche aus dem Ruinenzustand in einen „Tempel des Lichts und der Kunst” wiederzubeleben.

Die Aufführung des Oratoriums „David im Tal von Terebinth“ am 19. August um 19.30 Uhr ist eine Produktion des Olmützer Barockfestivals, das sich auf die Wiederbelebung vergessener Werke unter Einsatz von historischen Barockinstrumenten spezialisiert, in Zusammenarbeit mit dem Ars Augusta e.V. und der Stiftung „Dein Erbe“.

Bei der Veranstaltung wirken hochkarätigen Musiker und Künstler. Für die szenische Aufführung ist der slowenische Regisseur Rocc verantwortlich. Der 1979 in Liubljana geborene Bühnenbildner und Regisseur hat bereits über 70 Produktionen auf den wichtigsten Bühnen der Welt inszeniert, u. a. 2017 Beethovens „Fidelio“ an der Breslauer Oper. Er war aber auch künstlerischer Leiter der Prager Oper und ist fester Mitarbeiter an den Opernhäusern in Brünn, Troppau und bei Festivals wie dem Olmützer Barockfestival. Rocc liebt es, mit Atmosphäre zu arbeiten, und er hatte die Idee, das Oratorium in der Perle von Żeliszów zu inszenieren, nachdem er Fotos des Denkmals gesehen hatte. Seine szenische Aufführung des Oratoriums verbindet Musik mit Tanz und Videoprojektionen.

Die Sänger kommen aus der tschechischen Region: Doubravka Součková (Sopran für die Rolle von David), Aco Aleksander Bišćević (Tenor, Saul), Helena Hozová (Sopran, Jonathan), Jiří Miroslav Procházka (Bass, Abner) und Aneta Petrasová (Alt, Eliab). Die Künstler sangen bereits auf großen Bühnen und Festivals, unter anderem bei den Salzburger Festspielen. Solisten, Tänzer und Chor zusammen begleitet das Orchester Volantes unter der Leitung von Marek Čermák.

Alle Freunde der Oper, der Musik und des Kulturerbes sind herzlich eingeladen, das 10-jährige Jubiläum der Stiftung Dein Erbe, die Zusammenarbeit zwischen Polen, Tschechien und Sachsen und die Wiederentdeckung von Carl Ditters in der Perle von Żeliszów zu feiern. Eintrittskarten zum Preis von 60 Zloty (13 Euro) sind an der Abendkasse (am Samstag, 19. August ab 17:00 Uhr) oder online erhältlich. Die Hälfte der Eintritte ist für die weitere Sanierung des Denkmals bestimmt.

Die Veranstaltung wird am nächsten Tag (Sonntag, 20. August) ebenfalls um 19:30 Uhr in der Lukaskirche in Dresden wiederholt. Karten für 20 € sind dort an der Abendkasse erhältlich.

Infos und Biografien: https://www.arsaugusta.org/davide

Text: Eleni Ioannidou, Ars Augusta e. V.