Christoph Eschenbach übernimmt die künstlerische Leitung der Breslauer Philharmonie
Der deutsche Dirigent und Pianist ist 1940 in Breslau geboren.
Anfang Januar wurde bekannt, dass am 1. September 2024 der 84-jährige deutsche Dirigent und Pianist Christoph Eschenbach die künstlerische Leitung der Breslauer Philharmonie am Witold-Lutosławski-Nationalforum für Musik (NFM, Narodowe Forum Muzyki, Wrocław) übernehmen wird.
Für Christoph Eschenbach ist Wrocław seine kleine Heimat. Er wurde im Februar 1940 in Breslau geboren. Er stammte aus einer Künstlerfamilie: seine Mutter, Pianistin und Sängerin Margarethe Ringmann, geborene Jaross, starb bei der Geburt seines Sohnes, sein Vater, Heribert Ringmann, war Musikwissenschaftler und Dirigent. Er arbeitete hier bis 1943, wurde aber als Anti-Nazi in ein Strafbataillon eingezogen und starb in Thüringen. Der fünfjährige Christoph floh mit seiner Großmutter aus Schlesien, kurz darauf starb sie an Typhus in einem Flüchtlingslager in Mecklenburg. Das Kind wurde von der Cousine seiner Mutter, der Pianistin und Lehrerin Wallydore Eschenbach, aus dem Lager geholt. Sie gab ihm ihren Namen und führte ihn in die Welt der Musik ein. Wie sich später herausstellte, rettete die Musik den kleinen Christoph, denn durch das Trauma des Krieges hatte er aufgehört zu sprechen. „Ich habe Klavierspielen gelernt, um meine Gefühle auszudrücken, denn mit Worten konnte ich das nicht“ – berichtete Eschenbach.

Jetzt, nach achtzig Jahren, kehrt er in seine Heimat zurück. „Das Schicksal schreibt die außergewöhnlichsten und schönsten Szenarien. Wir freuen uns auf wunderbare Konzerte, wir freuen uns auf Schönheit und Emotionen. Maestro, willkommen zu Hause!” – sagte bei der Pressekonferenz der NFM-Direktor Andrzej Kosendiak.
Christoph Eschenbach tritt die Nachfolge von Giancarlo Guerrer an, dem bedeutenden costaricanisch-amerikanischen Dirigenten (sechsfacher Grammy-Preisträger) und wird die Leitung bis zum Ende der Saison 2028/2029 innehaben. Es trifft sich gut, denn bald wird das 1945 gegründete Breslauer Philharmonische Orchester sein 80-jähriges Bestehen feiern.

„Ich habe vor einigen Monaten in Wrocław Beethovens Symphonie Nr. 6 dirigiert, bei der die Breslauer Philharmoniker des NFM spielten. Ich habe das Gefühl, dass ich einen guten Kontakt mit den Musikern entwickelt habe. Deshalb überlegte ich nicht lange, nachdem mir die Stelle des künstlerischen Leiters angeboten wurde“, sagte Christoph Eschenbach. „Ich fühle mich hier wohl und das wird sich auch nicht ändern. Was ist geplant? Wir werden den Ruhm des NFM und den Ruf von Wrocław in der ganzen Welt verbreiten“ – sagte Maestro.

Christoph Eschenbach begann seine Kariere als Pianist im Alter von elf Jahren, als er einen Steinway-Wettbewerb für junge Künstler gewann. Als Neunzehnjähriger begann er auch das Dirigieren zu erlernen, was sich als seine künstlerische Bestimmung herausstellte. Eschenbachs Mentoren waren der berühmte amerikanische Dirigent, Komponist und Pianist ungarischer Herkunft, George Szell, und Herbert von Karajan, der von vielen als der größte Dirigent des 20. Jahrhunderts angesehen wird. Mit der Zeit leitete er einige der bedeutendsten Orchester und Opernhäuser der Welt und arbeitete als künstlerischer Leiter unter anderem mit dem US National Symphony Orchestra in Washington, D.C., dem Orchestre de Paris, dem NDR-Sinfonieorchester in Hamburg und dem Houston Symphony Orchestra. Bis zum vergangenen Jahr war er Musikdirektor des Konzerthausorchesters Berlin.

Text: Małgorzata Urlich-Kornacka