Der Vater der modernen Genetik war ein Gelehrter aus Schlesien
In Tschechien, wo Mendels Geburtsort heute liegt, und in seiner einstigen Heimat Österreich wird der Forscher in vielfältiger Form gewürdigt.
Da die von Mendel entwickelten Vererbungsregeln im Biologieunterricht besprochen werden, haben die meisten Schüler in Europa mindestens einmal im Leben den Namen des Forschers gehört. Dass Gregor Mendel aber ein Schlesier war, wird viel seltener erwähnt.

Der Bauersohn aus dem 40 km südlich von Troppau (Opava) gelegenen Heinzendorf (Hynčice) hatte Glück. Seine Bildung musste er nur deshalb nicht gleich auf Volkschulniveau beenden, weil seine Schwester zugunsten des überdurchschnittlich begabten Jungen auf den Großteil ihres Erbes verzichtete. Da aber die Studienzeit in Olmütz (Olomouc) dennoch nicht frei von finanziellen Sorgen war, trat Gregor Mendel im Alter von 21 Jahren in ein Augustinerkloster ein und setzte sein Studium anschließend in Brünn (Brno) fort.

Das Interesse am Kreuzen von Pflanzen und die gelungenen Experimente brachten ihm einen gewissen Ruhm, machten ihm aber zugleich auch Feinde. Die Ansichten des Autodidakten galten Mitte des 19. Jahrhunderts als kontrovers, weshalb ihm nicht nur der Weg zum Lehramt versperrt blieb. Auch wurden die Ergebnisse seiner – wie sich später erwies – bahnbrechenden Untersuchungen von den damaligen wissenschaftlichen Eliten weitgehend ignoriert. Die 1866 veröffentlichte Arbeit „Versuche über Pflanzen-Hybriden“, in der Mendel die Resultate seiner jahrelangen Erforschung der Vererbung bei Erbsen veröffentlichte, fand keinen größeren Widerhall. Der „Mönch aus Schlesien“, wie man Mendel manchmal nannte, blieb trotzdem von dem Wert der eignen Arbeit überzeugt. Laut einer Überlieferung soll er sogar einmal prophetisch gesagt haben „Meine Zeit wird schon kommen“. Und Recht hatte er, was allerdings erst einige Jahrzehnte später, schon nach seinem Tod, bestätigt wurde, als die revolutionäre Bedeutung Mendels Forschung um 1900 allgemeine Anerkennung fand.

Erinnerung und Würdigung
Heute steht es außer Frage, dass der Schlesier mit seinem Wirken ein Fundament für die moderne Genetik gelegt hat. In Tschechien – dem Land, in dessen Grenzen Mendels Geburtsort heute liegt – und in seiner einstigen Heimat Österreich, wird der Forscher deshalb in vielfältiger Form gewürdigt. Seinen Namen tragen beispielsweise die Brünner Universität für Land- und Forstwirtschaft (Mendelova zemědělská a lesnická univerzita) und die älteste tschechische Forschungsstation in der Antarktika (Mendelova polární stanice). Auch eines der Gebäude der Wiener Universität für Bodenkultur heißt offiziell „Gregor-Mendel-Haus“.
Und in dem viereckigen Bauernhof in Heinzendorf, in dem der spätere Entdecker der Vererbungsregeln am 20. Juli 1822 geboren wurde, befindet sich ein kleines, aber durchaus interessantes Museum. In den vergangenen Jahren umfassend renoviert widmet es sich mit seiner Dauerausstellung freilich in erster Linie dem Biologen. Doch gleichzeitig bietet es auch einen Einblick in die Geschichte des Kuhländchens – eines Landstrichs, der teils in Schlesien, teils in Mähren liegt, einst überwiegend von Deutschen bewohnt und wegen seiner Volkskultur und -tradition weit über die Grenzen Österreich-Ungarns hinaus bekannt war. Die Einrichtung ist nicht nur ein Museum im traditionellen Sinne, sondern auch eine Art Kultur- und Begegnungszentrum, in dem unter anderem Konzerte und Modeschauen stattfinden und das auch Übernachtungsmöglichkeiten anbietet.

Webpräsenz des Museums Geburtshaus Gregor Mendels (Tschechisch, Deutsch, Englisch, Polnisch).
Text: Dawid Smolorz