Deutsche Inschriften in Schlesien

Relikte der deutschen Vergangenheit der Region wecken Emotionen

Reaktionen auf ihre Beseitigung wie auch auf die Erhaltung bzw. Restaurierung reichen von Enthusiasmus über Akzeptanz bis hin zur scharfen Kritik.

Viereinhalb Jahrzehnte lang kämpften die kommunistischen Machthaber gegen die Spuren deutscher Vergangenheit in den „wiedergewonnenen Gebieten“ – wie man in der Volksrepublik Polen die 1945 angegliederten ehemaligen deutschen Ostprovinzen nannte. Diesem Kampf fielen unter anderem auch jegliche deutschsprachige Informations- und Werbeaufschriften, Ladenschilder und Wegweiser zum Opfer.

Deutsche Inschriften wecken Emotionen – und Diskussionen

Trotz systematischer Zerstörung, vor allem in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende, kann man in Schlesien auch heute vielerorts historische deutsche Schriftzüge sehen. Die meisten werden vom abbröckelnden Putz freigegeben, andere wurden in Stein gemeißelt, in Metall oder mit Dachziegeln gestaltet. Die Relikte erhitzen immer noch Gemüter, wie jüngste Entwicklungen in Breslau (Wrocław) zeigen. Die niederschlesische Metropole, die sich konsequent um ihr historisches Erbe kümmert, und zwar unabhängig von dessen Provenienz, beabsichtigt, anlässlich der Renovierung einer Oder-Brücke auch die historische Aufschrift „Kaiserbrücke“ wiederherzustellen. Diese Idee sorgte für Aufsehen, wobei die kritischen Stimmen meistens nicht aus Niederschlesien, sondern aus anderen polnischen Regionen kamen. Zu erwähnen sei an dieser Stelle, dass die Stadt in den vergangenen Jahren mehrere ähnliche Vorhaben durchführte, die grundsätzlich keine negativen Reaktionen hervorriefen. Unter anderem kehrte 2023 an die Brücke, die heute offiziell Most Pomorski heißt, ihr historischer deutscher Name „Werder-Brücke“ als Dekorationselement zurück (SILESIA News berichtete).

In der einstigen Baugewerkschule in Breslau ist heute die Fakultät für Architektur der Technischen Universität untergebracht. Foto: Thomas Voßbeck

Auch in einigen weiteren ober- und niederschlesischen Städten werden deutsche Schriftzüge renoviert. Die Initiatoren, Kommunen, Privatpersonen oder Wohnungseigentümergemeinschaften sind sich deren historischen Wertes bewusst, manchmal wollen sie auch durch die Restaurierung oder Wiederherstellung alter deutscher Aufschriften die Ästhetik ihrer Objekte verbessern oder auf sie aufmerksam machen. Und der Widerhall ist meistens positiv.

Renovierter deutscher Schriftzug an einem Bürgerhaus nahe dem Bahnhof Gleiwitz (Gliwice). In diesem Falle waren sich die Einwohner einig: der Schriftzug muss erhalten bleiben. Foto: Thomas Voßbeck

Auch wenn die Relikte seit dem Untergang der Volksrepublik keiner politisch motivierten Zerstörung mehr ausgesetzt sind, droht ihnen auch in unserer Zeit Gefahr. Da es vonseiten des Denkmalschutzes keine eindeutigen Richtlinien gibt, fallen sie manchmal dem mangelnden Verständnis für dieses Kulturerbe oder Modernisierungsmaßnahmen zum Opfer. In den vergangenen Jahren verschwanden deshalb von den Fassaden unter anderem ein flächenmäßig großes und beeindruckendes Werbeschild des Eisen- und Stahllagers von Carl Zimmer in Neurode (Nowa Ruda), das Ladenschild des Oberschlesischen Kleiderbasars in Beuthen (Bytom) und die Werbung „Ofenfabrik Paul Goebel“ in Hirschberg (Jelenia Góra).

An der Restaurierung des ca. 120 Jahre alten Ladenschildes „Oberschl. Kleiderbasar“ war der aktuelle Eigentümer des Gebäudes am Ring in Beuthen (Bytom) nicht interessiert. Foto: Thomas Voßbeck
Hinweis

Auf das Phänomen der deutschen Inschriften in Schlesien wird die nächste Sonderausstellung „Zeichen der Zeit“ im Schlesischen Museum zu Görlitz vom Januar bis September 2026 aufmerksam machen. 

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Text: Dawid Smolorz