Tichauer Motive II – Fotoausstellung über Tichau/ Tychy der 1950-1980er Jahre

Ausstellung bis 31.03.2020, Galerie des Stadtmuseums Tichau, ul. Sikorskiego 101 

Tichau/Tychy gehört zu den jüngsten urbanen Zentren Oberschlesiens. Eine Ausstellung zeigt die Stadt der 1950er bis 1980er Jahre.

Noch bis Ende März präsentiert das Muzeum Miejskie w Tychach eine interessante Fotoausstellung aus der frühen Phase dieser zu einem großen Teil im Stil des sozialistischen Realismus gebauten Stadt. 

Die Schwarzweißaufnahmen vermitteln viel von der Atmosphäre der 1950er bis 1980er Jahre. Auffällig sind die breiten Straßen und die großen leeren Flächen, die erst in den späteren Jahrzehnten bebaut werden sollten. Tichau wurde großzügig geplant und sollte sich mit Absicht von den „alten“ Städten der Region unterscheiden. Schließlich handelte es sich dabei nicht nur um ein städtebauliches, sondern auch um ein politisches Projekt. Die Machthaber wollten damit beweisen, dass die sozialistische Architektur der kapitalistischen überlegen war. Aus Tichau ist aber viel mehr als nur ein Propagandaprojekt geworden. Mit seinen für die damalige Zeit und Realität modernen Siedlungen war es von Anfang an eine begehrte Adresse. Und tatsächlich unterschied es sich von den eng bebauten und verqualmten Städten des Industriegebiets, deren Kerne größtenteils im späten 19. Jahrhundert entstanden waren. Ein praktisches Novum war der Zusammenhang zwischen den Namen der jeweiligen Viertel und der darin liegenden Straßen. Als Namen erhielten die neuen Tichauer Stadtteile Buchstaben und die Straßennamen fingen in der Regel mit jenem Buchstaben an, der in der Bezeichnung der jeweiligen Siedlung stand. Im polnischen Oberschlesien ist Tichau die einzige Stadt, die im Stil des sozialistischen Realismus gebaut wurde. Ähnliche Projekte wurden im tschechischen Teil der Region umgesetzt, beispielsweise das Ostrauer Viertel Hannersdorf/Poruba und die „sozialistische Stadt“ Havířov zu nennen.

In den 1970er und 1980er Jahren assoziierten die meisten Bürger der Volksrepublik Polen Tichau mit der Autofabrik, in der in italienischer Lizenz der populärste PKW des Landes hergestellt wurde: der Fiat 126p, auch „Maluch“ (Winzling) oder „Mały fiat” (Kleiner Fiat) genannt. Übrigens ist die Stadt bis heute ein Standort der Automobilindustrie.

Text: Dawid Smolorz
Bildquelle: Stadtmuseum Tichau