Eine deutsch-polnische Initiative will das Haus des Schlesischen Jungmannschaft wiederaufbauen
Der ursprüngliche Bau von Hans Poelzig brannte 1945 nieder.
Während eines Umbaus des ehrwürdigen Rathauses in Löwenberg/Schlesien wurden Architekt Prof. Hans Poelzig, Direktor der Königlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule Breslau, und Naturfreund Max Zwirner, Inhaber der Blücher-Apotheke in Löwenbergs Goldberger Straße Nr. 151 b, Freunde. Zwirner beauftragte Poelzig 1909, am Stadtrand des Boberstädtchens Löwenberg ein sechsgeschossiges Wohnhaus mit Knabenpensionat zu errichten. Bereits vor Wintereinbruch 1910 konnte das „Landhaus Zwirner“ eröffnet werden; etwas später wurde es „Haus Fichteneck“ genannt. Nach Max Zwirners Tod führte seine Ehefrau Elisabeth das Pensionat weiter, 1926 musste sie es verkaufen. Nun erwarb die Schlesische Jungmannschaft, eine fortschrittliche Jugendorganisation, dieses in „bodenständiger Architektur“ geschaffene Gebäude mit großer Terrasse und ließ es im Grundbuch als „Boberhaus“ eintragen. Fortan wurde hier elf Jahre eine vorbildliche Jugendarbeit geleistet, auch für ausländische junge Menschen.
Doch am 9. November 1937 riss die NSDAP das Boberhaus an sich – sodann war es Jugendherberge, Lazarett der Wehrmacht und Lager für Zwangsarbeiterinnen. Schließlich brannte es am 11., 12. oder 13. Februar 1945 total nieder. Seitdem ist es Ruine, inzwischen schon mehr als 75 Jahre. Etwa 40.000 junge Menschen hatten zwischen Ostern 1926 und 9. November 1937 das Boberhaus Löwenberg in abwechslungsreichen Formen erlebt und daraus lebendige Erinnerungen gewonnen. Besonders nachhaltig wirkten freiwillige Arbeitslager für junge Arbeiter, Bauern und Studenten, die eng mit Helmuth James Graf von Motke verbunden sind. Zehn Jahre später stand Moltke als „Kopf“ dem antifaschistischen Kreisauer Kreis vor. Im Boberhaus waren ihm viele vertrauenswürdige Personen begegnet – neun davon gehörten später ebenso wie dem Kreisauer Kreis an. Ihr Antifaschismus bestand im Nachdenken über ein demokratisches Deutschland nach Kriegsende und im Formulieren von Handlungsgrundsätzen progressiver Kräfte. Diese wurden am 9. August 1943 im Berghaus Kreisau festgeschrieben.
Die Vereine LTR Lwówek Śląski und Städtepartnerschaftsverein Heidenau e.V. realisierten deshalb von 2017 bis 2020 ehrenamtlich das bemerkenswerte Projekt „Vier Gedenktafeln für das Boberhaus“. Am Ende dieses erfolgreichen Kooperierens entstand die gemeinsame Idee, das Boberhaus noch einmal zu bauen, also „Boberhaus II“ entstehen zu lassen, und zwar als Europäisches Jugendhaus der Kultur, Bildung, Geschichte. Das inhaltliche Konzept muss fortgeschrieben werden und wird wesentliche ideelle Elemente des originären Boberhauses bewahren. Zunächst aber entsteht dank des geschickten Modellbauers Rainer Dierchen ein Boberhaus-Modell 1/87 mit den Abmessungen 560 x 560 x 425 mm. Wir werden es im Vorfeld des 110. Jahrestages der Einweihung des ehemaligen Landhauses Zwirner im Dezember 2020 für Werbe- und Ausstellungszwecke zur Verfügung haben. Der tatsächliche Wiederaufbau des einst stolzen Bauwerkes ist eine umfassende Herausforderung hohen finanziellen Aufwandes. Wir werden daher um großzügige finanzielle Unterstützungen bitten!
Projektbeauftragter und Ansprechpartner: Werner Guder, Reicker Str. 76 C, D – 01237 Dresden, Tel. 0351/2815616, E-Mail: werner.guder@gmx.de
Text: Werner Guder
Mehr Informationen im Heidenauer Journal vom 19.06.2020